Umbauaktion mit unverhofften Zwischenfällen
Mein erster Weg führte mich heute in die Autowerkstatt meines Vertrauens um mir einen Minivan für meinen Nähtischtransport auszuleihen. Der gelbe Suzuki Wagoner ist das Ersatzteiltransportauto, kein Neuwagen mit Schnickschnack und wartete bereits mit umgeklappten Rücksitzen, sowie und vollem Tank auf mich. Die Fahrt nach Mintraching über die Regensburger Autobahn war erstaunlicherweise völlig problemlos und ich fand mich in diesem Autochen sehr schnell zurecht. Dank meiner elektronischen Landkarte war der kleine Ortsteil (den ich ausnahmsweise mal nicht aus dem Kopf weiß) sofort gefunden und ich war nach knapp 2 Stunden am Ziel.
Der, von mir favouritisierte Nähschrank stand bereits auf der Terasse eines hübschen, neuen Einfamilienhauses in sagenhaft idyllischer Gegend an der Gartenseite des Hauses unter eine Plane abgedeckt bereit. Der Ehemann und der Nachbar hatten ihn bereits heute Früh aus dem Keller hochgetragen, sagte mir die hochschwangere, fröhliche Verkäuferin. Der Nachbar hat sich auch bereit erklärt beim Verladen zu helfen. Das Schränkchen war in natura viel schöner als auf dem Foto in den Kleinanzeigen und sehr, sehr gut erhalten. Der Nähmaschineneinsatz aus Acryl, die Flügelmuttern zum Sichern der Nähmaschine, die Bremsen der Rollen, der Hublift - alles funktioniert tadellos und ist sehr gepflegt. Das Nähmöbel wird verkauft, weil ein neues viertüriges Kombinähmöbel nach Wunschfertigung angeschafft wurde, daß an zwei Seiten Auszüge hat.
Meine Frage, ob ich das mal betrachten dürfte, wurde bejaht und ich staunte nicht schlecht. Helles Grau, links einen Bügelauszug, der auf einem Schubladenrollcontainer gelagert wird, mit anklappbaren Ärmelbrett, rechts ebenfalls einen solchen Auszug mit einer sehr großen Schublade, in der Mitte der relativ breite Kasten mit dem Hublift, aus dem eine Bernina 530 auftauchte, und daneben rechts vier Schubladen. Das Ganze ergibt eine fantastisches U-Form und stand in einem freundlich eingerichteten Nähzimmer mit einem großen Zuschneidetisch. Ich habe die hübschen Babysachen angeschaut, die die Frau genäht hat und die abgesteckte Kinderkleidung für ihre beiden älteren Kinder, die auf dem Tisch lag. Hier ist eine professionelle Hobbyschneiderin am Werk, dachte ich mir.
Wir unterhielten uns über unser Hobby Nähen und über Stoffsucht bevor wir in die Preisverhandlungen für das "alte" Schränkchen traten. Nun, ich bin im Handeln nicht so gewieft wie das Nähmäuschen, doch ich freute mich über den Preisnachlaß und so rollten wir gemeinsam das tolle Teil zum gelben Transporter. Sie klingelte beim Nachbar, doch leider war er noch nicht vom Einkaufen zurück, so daß wir noch eine Weile quatschten. Nach etwa einer halben Stunde, beschloß ich das Teil alleine einzuladen und die werdende Mutti wollte helfen. Das hab' ich nur so weit zugelassen, daß sie die Oberklappe halten durfte, damit sie nicht zur Seite fällt, während ich das Unikum anhob und schwitzend, keuchend auf die im Kofferraum ausgebreitete Decke hob. Uff...... schw...-schwer....., es ächzte in den Knien und gab einen Stich im linken Oberschenkel. Dann zog ich den Schrank auf der Decke durch die Seitentüren ins Innere. Wir verabschiedeten uns und ich trat mit meiner wertvollen Ladung den Heimweg an.
An einem Parkplatz noch vor der Autobahn machte ich Pause und verspeiste mit Hochgenuß meine daheim vorbereiteten Erdbeeren und machte etwas Dehnungsgymnastik, denn das Kupplungstreten tat sehr, sehr weh. Doch im Laufe der zweistündigen Rückfahrt legte sich das Ziehen in den Gliedern.
Hier mein Neuerwerb:
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Im Heimatörtchen angekommen vermeldete der kleine Gelbe Durst und ich fuhr in unsere Tankstelle am Ort. Der Tank des Autos wird einem Schlüssel aufgesperrt, also schön altmodisch. Doch der Tankverschluß saß fest, wie einzementiert, und ich war nicht in der Lage ihn zu öffnen. Ich sprach einen Herrn an der Nebenzapfsäule auf seine Hilfe an und galant versuchte er den Tank zu öffnen. Nichts war's. Drei Minuten mühte sich der nette Helfer ab, doch das Autochen verweigerte die Benzinzufuhr. Ein weiterer Mann versuchte es zu öffnen und meinte dann, da sei etwas kaputt. Ich war ratlos und kurz vor'm Verzweifeln als ein dunkelblauer Kombi auf die Parkplätze seitlich der Tankstelle fuhr. Mein Exmann stieg aus und erkundigte sich, warum ich denn mit M.'s Auto unterwegs sei. Ich erzählte von meinem Vorhaben und meinem Malheur. Er grinste und erklärte mir, daß der Suzuki ein geschlossenes Tanksystem hat und vermutlich Unterdruck im Tanksystem entstanden sei. Mit geübtem Griff war binnen Sekunden der Deckel ab und ich konnte tanken.
Als er dann noch seine Hilfe beim Tragen ins Dachgeschoß anbot, war ich überrascht und nahm dankend an. Tja, über zwanzig Jahre gemeinsamen Familienlebens und allerlei zusammen durchgeführten Bastel-, Renovierungs- und Werkelarbeiten hinterlassen Spuren und so war sowohl die Ausladeaktion als auch das Verbringen in den Hausflur "business as usual". "Wie immer?" fragte ich, Kopfnicken als Antwort. Also ging ich rückwärts die Stufen hoch und er vorwärts, denn dann gibt es schon mal einen natürlichen Größenausgleich und das Teil liegt in den Händen relativ gerade. In den ersten Stock kein Problem, der zweite Halbstock ohne Zwischenfälle. Von dort aus sind es dann noch 8 Stufen bis zum zweiten Stock.
Drei Stufen bevor wir oben waren, stach es brachial im linken Oberschenkel und auf der vorletzten Stufe krampfte es und ich rief "Moment" - "Was denn?" - "Krampf im Oberschenkel" - einige Sekunden Warten - "Geht's wieder?" -"Denke schon, zwei Stufen noch, dann Abstellen." - "Okay." Ich trat mit dem linken Fuß auf die vorletzte Stufe, das Knie gab nach, der Oberschenkelmuskel versagte seine Dienst und ich knallte hilflos mit meinem Gewicht und dem des Schränkchens auf mein Hinterteil die oberste Steinstufe. Ürgelwürf.... da saß ich nun, den Schrank immer noch in den Händen, das linke Schienbein unter dem Schrank, das rechte daneben. Mein Helfer hatte meinen Sturz geschickt ausbalanciert und wartete geduldig. "Kannst Du aufstehen?" - "Gehst Du eine Stufe zurück?" - Ich stand auf, die Tränen liefen mir über's Gesicht und dann setzte ich den Schrank vorsichtig auf die vorletzte Stufe ab und dann nach einiger Zeit auf das Treppenpodest, dann schob er den Schrank auf den Absatz und meinte, "Den lassen wir jetzt einfach mal bei Deinem Nachbarn stehen und verarzten Dich".
Ich kam die restliche Etage nur mühsam hoch und konnte mich kaum mehr bewegen. Fürsorglich holte mein ehemaliger Göttergatte einen Kühlakku aus dem Eisschrank und stopfte ihn in einen Waschlappen, so daß ich das Bein, den "Bobbers" und den Oberschenkel kühlen konnte. "Setz' Dich auf's Bett und ruh' Dich mal aus. Bist Du nicht erst vo ein paar Wochen auf den Popo gefallen?" - "Erinnere mich nicht an diesen blöden Vogel!" - "Ich wechsle derweil mal die Beine an Deinem Tisch."
Den Tisch hatte ich gestern Abend noch mit der Tischplatte nach unten auf Böcke gehoben und hätte das bereits erledigt gehabt, wenn der Akku vom Schrauber nicht so eine lange Aufladezeit bräuchte. So bekam ich einen Rundumservice für den ich mich mit Kaffee und Käsebrot bedankte. Allerdings bekam ich auch kräftig Schimpfe, weil ich meinen Nähschrank alleine eingeladen hatte, denn das Ding wäre viel zu schwer und zu globig. "Aber ich kenn' Dich ja, Dein Wille versetzt Berge.", lachte er.
Jetzt sieht's so aus, wenn die "Anni-Behausung" drunter geparkt wird:
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Ich bin begeistert, denn es ist jetzt genau so, wie ich das haben wollte.
"Jetzt bringe ich noch den Suzuki zum M. zurück", teilte ich mit. "Du? Du Kannst Dich doch gar nicht mehr bewegen. Ich fahr' Dich!" beschloß mein Exerich ernst. So humpelte ich den Hof hinunter, nahm auf den Beifahrersitz Platz (was auch wirklich gut so war) und wir gaben das Auto in unserer Werkstatt retour. Dann wurde ich in meinem eigenen Auto wieder heimchauffiert. Auf dem Weg nach oben, ich fühlte mich besser, meinte ich, "Ich will's nochmals probieren, sind doch nur 16 Stufen." - "Sporchi, Sporchi, Du bist und bleibst ein Dickschädel! Ist Dein Nachbar nicht da?" - "Nein, leider nicht. Sein Auto steht nicht in der Garage." - "Stimmt." Der Versuch endete damit, daß ich bereits nach der zweiten Stufe nicht mehr weiter konnte und der hübsche Schrank nun im Treppenhaus übernachtet und mal sehe, ob ich morgen schmerzfrei bin, ob Söhnchen mit Papa morgen Abend vorbei kommt oder wie sich diese blöden 16 Stufen nach oben anderweitig überwinden lassen.
Der notwendige Anruf in der Arbeit wegen des kleinen Unfalls wurde auch gleich erledigt. Die Mitteilung, daß ich morgen Früh, wenn's nicht wirklich besser ist mal zum Onkel Doktor gehe, löste die erwartete Reaktion beim Chef aus. "Dich kann man auch nichts alleine machen lassen, Du Chaosqueen! Wär's nicht besser Du bleibst gleich daheim? Oder soll ich Dich dann ins Büro hochtragen?" - "Mhm..., wär' mal ein gutes Fitnesstraining für Dich, oder?1" -"Melde Dich morgen Früh einfach und gute Besserung Du Fall-Linchen."
Ich leg' mich jetzt mal wieder hin, denn ich kann momentan auch mit zwei Kissen unter Alterwertersten nicht schmerzfrei sitzen.