Erinnern kann ich mich an Dreiecks-Tüten aus Zeitungspapier für meinen Kaufladen an Ömchens Tretomobil - da saß ich allerdings nur auf deren Schoß und hopste wegen der Tretbewegungen fröhlich auf und ab, genäht hat meine Omma-Mama. Zu der Zeit war ich noch nicht eingeschult.
Das erste selbstständige Nähen war mit Motivpappkarten, bei denen wurde mittels schnürsenkelähnlichen Garn ein aufgedrucktes Bild durch vorgestanzte Löcher nachgenäht, könnte in der 1. Klasse gewesen sein. In der 3. Klasse haben wir Stricken erlernt, das Projekt: ein gestrickter Muff, um den dann ein Plüschbezug per Hand genäht, rumkam. Alles in royalblau, gerne genutzt bis er auseinanderfiel. Strickübungen habe ich auch noch, ordentlich aufgenäht auf Papier in einem Ordner. Nähübungen haben wir auch gemacht, auf kariertem Stoff, die habe ich nicht mehr.
Handarbeit in der Schule war ein blödes Fach, denn für das meiste, das da auf dem Lehrplan stand, hatte ich keine Verwendung. Die Lehrkraft war toll, denn sie hat mit sich verhandeln lassen und nicht darauf bestanden genau das zu machen, was der Lehrplan vorschrieb. Alternativen waren möglich, wenn die nach Plan geforderte Verarbeitungstechnik verwendet wurde.
Das Stricken für mich habe ich beim großen Strick-Boom Anfang/Mitte der 80er-Jahre entdeckt, witzigerweise zu einem Zeitpunkt als es das Fach "Handarbeit" bei mir in der Schule (7. Klasse) nicht mehr gab. Ich bin bis heute keine Musterstrickerin, denn außer den Grundmaschen und einigen einfachen Techniken beherrsche ich keine komplizierten Maschen. Was mit schon immer Spaß gemacht hat, ist mir verschiedenen Farben oder unterschiedlichen Wollarten in selber Farbe zu stricken. Am liebsten Strümpfe und Kleider, ab und an mal einen Schal oder ein Tuch, Pullover nur sehr selten, Jacken bisher noch nie.
Die Grundbegriffe des Nähens habe ich in der Schule gelernt auf einer Tretmaschine. Die elektrische Maschine meiner Mama daheim durfte ich nicht nutzen, meine Schulstücke habe ich bei Ömchen auf dem Tretomobil genäht.
Von 1980 bis 2012 habe ich überhaupt nicht genäht, ich hatte daran einfach kein Interesse. Dabei hätte ich von meiner Omi, die Schneiderein war, und meinem Ömchen, die für den Hausgebrauch genäht hat, wirklich viel lernen können. Ich war damals leider zu dumm diese Möglichkeiten der Fertigkeiten- und Wissenvermittlung zu schätzen und zu nutzen, allerdings haben mich meine beiden Großmütter auch nie zum Nähen gedrängt oder ermuntert.
Das Nähen habe ich erst 2012 begonnen. Zu meiner ersten Nähmaschine kam ich relativ ungeplant.
Bei einem Motorradausflug unterhielten wir uns über das tolle T-Shirt einer Mitfahrerin, das sie selbst genäht hatte. Ich erwähnte im Gespräch, daß ich gar keine Nähmaschine besitze, worauf die anderen vier Mädels lachten. Kurze Zeit später bekam ich von der T-Shirt-Näherin die mechanische Nähmaschine samt Nähschränkchen ihrer verstorbenen Schwiegermutter geschenkt, für die sie selbst keine Verwendung hatte, da sie eine sehr moderne Computermaschine hat. Eine andere Motorradfahrerin hat mich in die alte Technik der Nähmaschine eingewiesen und mir geholfen mein verschüttetes Nähwissen wieder ans Tageslicht zu befördern.
Vorbilder? ... mhm ... ... eigentlich keine ... nur grenzenlose Bewunderung für alle, die fantastische Dinge herstellen und gut nähen können.
Meine Kinderkleidung, die zu ca. 50% von meiner Omi genäht und gestrickt wurde, ist mir in guter Erinnerung. Sie war bequem, zweckmäßig, niemals kratzig, modern und immer so, daß sie mir gefallen hat. Die Jacken, die sie nähte, waren genial, immer mit großen, verschließbaren Taschen und über-po-lang. Auch mein Bruder hatte am liebsten Omi-Sachen an, alles hat immer perfekt gepaßt und unseren Kindergeschmack getroffen. Und daß, obwohl sie 340 km weit weg wohnte und nur nach den Maßen, die mein Paps gemessen und per Brief übermittelt hatte, genäht wurden. Das bewundere ich und beneide sie heute sehr wegen ihres Könnens.