Der Samstag Abend gestaltete sich friedlich und ruhig.
Heute beim ausgedehnten Frühstück diskutierten wir, ob wir zu einem Nähmaschinenhändler, der über einen gut sortierten Gebrauchtmarkt verfügt, fahren wollen. Daß der heutige Tag Sonntag ist, das hatten wir in unserer Euphorie zeitweise irgendwie aus unserer Realität gestrichen.
Also, da will ich hin. - Wo? - Wo ist das? - in Siegenburg – oh, schön – gar nicht schön, ist 150 km von uns weg ist und samstags nur bis 12 Uhr - samstags nur so kurz offen? - So weit ist Siegenburg weg? Hätte ich nicht gedacht - Und Aschaffenburg? - 180 km bis 15 Uhr offen – mhm... entweder nach Süden oder nach Norden, beides an einem Tag funktioniert nicht – Ich hab' keine Lust so weit zu fahren und wieder zurück und dann noch abends 80 km heim, so gern ich Nähmaschinen anschauen will und mir eine kaufen möchte. Gibt’s denn in der Umgebung gar nichts? - Kein Händler, der das hat, was Du suchst – dann eben doch wieder das Netz befragen – Händler wäre doch mal ne Abwechslung – der erklärt uns sowieso für plemm-plemm, wenn wir auftauchen und schmeißt uns raus – und Nürnberg? - kein Händler schmeißt kaufwillige Verrückte raus! - hat Cas am Donnerstag doch schon angerufen, nichts, was mechanisch ist oder in Deine Preisklasse fällt – willst Du jetzt doch was Neues? - Nein. Ich will eine Näääääääähmaschine!
Ratlosigkeit machte sich breit und wir stellten fest, daß es im Winter ein weitaus größeres Angebot an gebrauchten Nähmaschinen von privat als im Sommer gibt. Nur, wir geben nicht so schnell auf und erweiterten die Suchregion, sowie suchten wir jetzt in Tausch- und Gebrauchtangeboten, die wir bisher nicht beachtet haben..
Guck' mal eine Philips 485 in Rettern – Philips? - Ja, steht da! - Mach' mal die Bilder auf! - das ist ne Privileg und keine Philips! - Wo ist Rettern? - rechts neben Forchheim – oh, Danke, Du meine wandelnde Landkarte – Die will ich anschauen – okay, ist gebongt, steht schon auf der Liste -
Was ist denn damit Husqvarna Emerald 183? - Nur weil sie grün ist oder was? - Oh, ein Luxusliner – ist ne Computernähmaschine – Was kostet die? - VB 280 – Was - wieviel? - zwo-hundert-achtzig Euronen – Wieso ist die so teuer? - Das ist nicht teuer! - Die kostet neu zwischen 500 und 600 Euro, ist relativ neu – da steht noch Garantie bis 2016 – also wirklich neu - aha... - ach so.... - Ist das was für mich? - Guck' mal! - Uihhh.... die hat gar keine Rädchen! - Nö, da wird alles über die Tasten unter dem Display eingestellt. - Die Durchreiche ist aber groß! - Du immer mit Deiner Durchreiche! - Kannst ja auch Stoffvolumendurchlaufplatz sagen – Also mal im Ernst, wenn die funktioniert und keinen Schaden hat, wäre das eine wirklich günstige Maschine, zwar was ganz anderes als Gix haben will, doch die möchte ich gerne mal angucken! - Wo ist die? - Die willst Du doch für Popps Privatatelier haben - Ich kann mir auch mal was kaufen, einfach so! - a bisserle weit weg, in Marktleuthen – ist Nähen auf einem Computer schwer – großes Gelächter – mein PC kann's nicht – ach, Ihr seid blöd! - wo ist Marktleuthen? - auf meinem Heimweg!
Oh, die gefällt mir! - Laß sehen! - Privileg 1615 Supernutzstich – logisch, blauer Dekor - Was kostet die? 20 Euro? - 20 Euro? Ist die kaputt? - und rosa, also wir suchen's doch nach Farbe aus, wußt' ich doch! - Nö, da steht nix von defekt. - Was für eine? - Wie? Was für eine? - die genaue Bezeichnung meine ich - eine 1615 - und was noch? - Da steht JA 1615 C – Das ist ne Janome – Eine was? - ach egal - wo steht die? - Ich glaub's nicht! - Was? - Die steht in Egersdorf! - und wo ist das? - 10 Minuten zu Fuß von hier weg – ja, wenn Du joggst! - Los, ruf an! -
Angespannte Ruhe im Raum, unendlich lange Sekunden, die sich wie Minuten ziehen. Cas schüttelte den Kopf. Keiner nahm ab, kein Anrufbeantworter.
Also weiter suchen. - Ich will aber die Rosane haben! - Ja, ja, an einem genialen Sonnentag erwartest Du, daß die Leute nur auf Deinen Anruf warten! - Wenn sie sie doch verkaufen wollen! - Schau mal, guck! - Was? - Was heißt das denn? W 6 1 2 4 5 Strich 6 1? - Das ist ein Nähmaschinchen, meine Gute! - Oh, schön, das Bild. - Was kostet die neu? - Rund 130 Öcken, glaub' ich. - Los guck' nach – Mach' ich schon. - Wo ist die? - In Fürth. - Aha.... - Cas anrufen!
Das Spielchen wiederholte sich noch einige Male. So war's nichts mit Anschauen von der gelben Gritzner 6910, der roten Privileg Supernutzstich mit Tragegriff, die wir nochmals in dunkelblau fanden, der Privileg 663 und der Brother VX 860.
Mir ist warm! - Wie wär's mit ner Runde Schwimmbad? - Oh, ja. - Ich hab' keinen Badeanzug dabei! - macht nichts – Cas und Du haben die selbe Größe, sie kann schnell heim fahren und was holen – und ich? - tja, Du Riese paßt vielleicht in einen von Sporchis Badanzügen! - Hast Du Badeanzugstoff da? - lautes Lachen – Klar, Popps näht mal schnell einen Badeanzug! - Dann ist das Bad zu bis der Anzug fertig ist. - auch wieder wahr - So ne Frage brauchst Du doch gar nicht stellen, bei Sporchi sind 2 m Stoffvorrat doch schon viel!
Nachdem Cas mit ihrer kompletten Kollektion Badebekleidung wieder auftauchte, Gix sich einen blauen Bikini aussuchte und Popps in meinem Fundus einen tragbaren Badeanzug fand, machten wir uns freibadfertig und fuhren ins Freibad. Das ist ein Familienbad und war am Sonntag Nachmittag so richtig schön bevölkert. An der Kasse orderte ich aus Spaß eine Familienkarte, der Kassierer schaute mich spitzbübisch an und fragte, "Wie alt sind denn die drei, lieben Kleinen?" (Klein ist gut, Popps hat Gardemaß 1,81 m!) - "öhm.... elf, zwölf und dreizehn!" - "so, so... und auf welche Schule gehen sie?" - "in die Nähschule!", rief Gix. Er lachte und ließ uns tatsächlich zum ermäßigten Familienpreis ins Badevergnügen. Genialix!
Wir hatten viel Spaß und sind ausnahmsweise mal fast gar nicht aufgefallen.
Nur als Gix das Ein-Meter-Brett bestieg und gekonnt einen Salto mit Schraube zeigte (sie war in ihrer Jugend Kunstspringerin), hatten die Herren sichtlich Freude, nicht nur an dem tollen Sprung, sondern auch an Gix, denn das Oberteil schwamm fröhlich an der Wasseroberfläche während sie (1,72 m - schlank - Gr. 40) vergnügt aus dem Wasser stieg. Sie hatte es gar nicht gleich bemerkt. Ein älterer Herr erbarmte sich, fischte das Teilchen aus dem Wasser und reichte es ihr. Gix war knallrot und zog es schnell wieder an.
Zurück auf den Decken lachten wir über das Mißgeschick als es mich am Allerwertesten zu Kneifen begann. Nähere Erkundungen der Erdumgebung brachten einen Ameisenhaufen ans Tageslicht. - Na, toll, Volltreffer! Ein Breitarsch im Ameisenhaufen! - Das hast Du jetzt selbst gesagt - Laß' mal sehen - na, wirklich rot ist da noch nichts - die Viecher sind aber im Anzug - dann' geh' Dich abduschen! -
Ich ging erst mal zum Duschen und die Mädels verrutschten die Decken in eine ameisenfreie Zone.
Als ich zurückkam waren die Gix und Cas schon wieder total am Kichern und Popps schmierte sich gerade mit Sonnencreme ein, bzw. mit dem, was sie für Sonnencreme hielt, denn ohne Brille, hat sie ein Problem. - Sag' mal Sporchi, was ist das eigentlich für eine eigenartige Sonnenmilch? - Und wenn Du jetzt ins Wasser gehst, dann blubberst Du – Hä? Wieso? - Du schmierst gerade Honig-Milch-Shampoo auf Dich drauf! - Oh, seid Ihr blöd! - Nö, nicht wir.
Also marschierte Popps zum Duschen. Kurz danach Cas, denn ein verflogener Volleyball traf genau ihren Colabecher, dessen Inhalt sich dann malerisch über sie ergoß.
- Na, wenn jetzt alle schön geduscht haben, dann sind wir ja sauber und können uns wieder sehen lassen! - Nö, Gix hat noch nicht geduscht! - Die duscht heute in der Männerabteilung! - Ihr habt wohl einen Sonnenstich, oder was ? -
Gegen halb sieben fuhren wir heim und Cas wurde mit dem Telefonieren beauftragt, während ich ein Abendessen zubereitete. Die Telefonaktion verlief erfolglos und wir machten es uns am Eßtisch gemütlich. Nach dem Abendessen wollten sich Gix und Popps auf ihre längeren Heimwege machen. Es ging so auf halb neun zu, als Gix recht traurig meinte, daß ihr ein Nähtisch ohne Maschine wenig nützen würde, denn die Mrs.-Nerv-Mich-Nicht bleibt ja da. Popps meinte, halb neun sei keine unfreundliche Zeit und Cas solle nochmals anrufen.
Cas griff zum Telefon und wir warteten. Am anderen Ende der Leitung hob jemand ab. Cas telefonierte mit der Verkäuferin und machte sofort einen Termin für in zehn Minuten aus. Wir sprangen auf und liefen die Treppe hinunter. Aufgeregt fuhren wir zur Nähmaschinenschau. Leichte Zweifel kamen auf, ob die Maschine auch funktionieren würde, da sie für € 20 angeboten wird. Popps sagte, wenn sie sich nicht täuscht, wurde dieses Modell von Janome gebaut und schon waren wir da.
Die Maschine stand auf dem Eßtisch im Wohnzimmer mit Anleitung, Fußpedal und dem Zubehör (Spulen, verschiedene Nähfüßchen, Trenner), sowie dem Originalkarton. Die Frau, die die Maschine verkaufte, erzählte uns, daß die Tochter sich die Maschine gewünscht habe und nun doch nicht damit näht. Sie stünde nun schon drei Jahre rum und keiner habe dafür Verwendung. Popps begutachtete die Maschine und kabelte an. Sie spulte um und fädelte ein. Der spannende Moment: sie begann auf einem Fleckchen zu nähen. Ein gleichmäßiges Geräusch war zu vernehmen und Popps Gesicht hatte einen sehr zufriedenen Ausdruck. Die Maschine hat zwei Stellrädchen, eins für die Stichart- und Zick-Zack-Breite und eins für die Stichlänge. Popps entlockte der Maschine allerlei Stiche und grinste zufrieden, nickte uns zu. Das Zeichen für Cas in die Verhandlungen zu treten.
Doch da war nichts mit Handeln, denn die Verkäuferin meinte, 20 Euro seien ein fairer Preis für diese Maschine. Das meinten wir auch und Gix zahlte mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht. Sie packte die Maschine sorgsam ein und umarmte den Karton als sei es ihr Baby. Sie bestand darauf die Maschine auf dem Schoß zu halten und nicht in den Kofferraum zu stellen. Popps bestätigte, daß das Maschinchen keinerlei Flusen oder Fusselchen habe und wirklich ungenutzt sei. Wir freuten uns wie die Kinder und nahmen uns gleich vor, das Maschinchen heute nochmals schnurren zu lassen.
Gix konnte ihr Glück gar nicht richtig fassen und der erste Weg führte uns ins Internet um zu sehen, was diese Maschine normalerweise kostete. Wir fanden zwei defekte Maschinen, die für € 25 bis € 40 angeboten wurden und eine gut erhaltene für € 90 VB. Unsere Freude über diesen genialen Fang wuchs von Minute zu Minute.
Gix baute die Maschine auf dem Couchtisch auf und vertiefte sich zusammen mit Cas in die Bedienungsanleitung. Die beiden saßen vergnügt auf dem Sofa und forderten Baumwollstoff, den ich bereitwillig rausrückte, ebenso wie verschiedene Nähgarne. Popps und ich saßen am Eßtisch und schauten den beiden amüsiert zu. Keine von uns hätte gedacht, daß wir heute noch eine Maschine kaufen würden.
Gegen halb elf verabschiedete sich Cas und bekam feierlich die Mrs.-Nerv-Mich-Nicht überreicht, zusammen mit einem Päckchen, dessen Inhalt Cas erst daheim anschauen durfte.
Wir lösten unsere fröhliche Runde gegen elf Uhr auf und Gix stellte ihre 1615, getauft auf den Namen „Nachtfalter“ auf den Beifahrersitz und schnallte sie vorsorglich an, bevor sie winkend mit dem vollgepackten Auto Richtung Heimat fuhr.
Auch Popps machte sich auf den Heimweg und ich bin gespannt, wie Popps und Cas auf meine neue Idee reagieren, die ich per Mail verschickt habe. Denn der Nachtfalter hat noch keinen Transportkoffer für den Nähkurs und Gix Ende des Monats Geburtstag. Um zwälf kam die SMS, daß Gix mit ihrer wertvollen Ladung gut daheim angekommen ist. Ich hoffe, daß Popps ihre lange Strecke ebenfalls gut bewältigt und erwarte ihre SMS gegen halb eins.
Grüßle von der Sporcherin