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Wie kann ich Schnittmuster perfekt auf Stoffe übertragen

  • Hallo allerseits,


    der Titel sagt ja schon einiges, aber mit "perfekt" mein wirklich perfekt ;)


    Ich hab gestern ein Mock-up (Testklamotte oder wie das auch auf deutsch heissen mag) genäht - und zwar von einem Korsett.
    Da es ein Teil von wirklich höchster Qualität werden soll, würde ich das Schnittmuster am liebsten Maschengenau übertragen, denn mir ist bei diesem Vorgang einiges aufgefallen.


    Es gibt gleich mehrere Gründe, wieso ich nach eine passenden Methode suche.
    1.Grund

    • Bei einem Korsett wirkt sich jede Abweichung um den Faktor 2 bis 4 aus - je nachdem wie das Korsett erstellt und geschnitten wird.



    2. Grund

    • Entweder taugt das Schneiderrädchen nicht, ich bin zu sehr Grobmotoriker oder beides:eek:. Ich schaffe es einfach nicht EXAKT auf der Linie zu bleiben. Gerade bei starken Schwüngen. Bei dem eigentlichen Werkstück, werd ich vermutlich eine Ahle statt das Rädchen nehmen, um wirklich extrem genau arbeiten zu können.


    3. Grund

    • Die erste Abweichung stellte ich da bei einfacher zweilagig gelegter Baumwolle fest, wenn ich das Schnittmuster mit Stecknadeln fixiere.
      Ich bekomme da immer einen leichten Versatz während der Arbeit hin.
    • Die Nadel im rechten Winkel stecken, dann umlegen und wieder durchs Material stecken, um der Nadel halt zu geben, führt beim Umlegen zum Versatz, der in der Regel unmittelbar zu erkennen ist.
    • Die Nadel im flachen Winkel durchstossen, so das quasi kein Umlegen der Nadel statt findet, wenn sie wieder in den Stoff zurückgeführt wird, funktioniert zwar im ersten Moment, aber es ermöglicht den Stoffen und dem Schnittmuster ein Spiel, das immer grösser wird, je weiter man bei mehreren Lagen nach "unten" geht.
      Das macht sich dann bemerkbar, wenn man das Schnittmuster überträgt, weil das Material bewegt/belastet wird und sich alles setzt.


    Es handelt sich dabei um ~0.25-0.5 mm. Klingt nicht nach viel, aber wenn man das einfach mal mit 2 multipliziert und dann noch mal 8, weil es 8 Teilstücke sind, kommt man auf geschmeidige 2-4 mm Abweichung pro Lage in die eine oder andere Richtung, wenn die Diskrepanz immer in eine Richtung geht.
    Und nun stellt euch noch den Faktor 4 statt dessen vor...:weinen:


    Und das ist schon so bei einfacher Baumwolle. Das fertige Stück wird aber aus 2 Lagen schwerem Coutil (Miederdrell) und einer Lage Taft bestehen. Da wird es ein echtes Problem die Lagen zusammenzufügen, wenn zwischen 2 Lagen im extremsten Fall bis zu 8-32 mm Differenz besteht. Und diese Abweichung ist mit Erfahrungswerten der Baumwolle als Grundlage berechnet. Miederdrell ist aber stärker und steifer, daher ist anzunehmen, das die Diskrepanz noch grösser sein wird.
    Da es keine Deko, sondern ein funktionales Korsett wird, ist so eine Toleranz nicht hinnehmbar, da sich der kleinste Faltenwurf beim Tragen äusserst unangenehm bemerkbar machen kann.


    Meine bisherigen Ideen, damit der Parallaxenfehler (schönes Wort für einen hässlichen Effekt, oder? :D) möglichst gering bleibt:

    • Die Nadeln zum Fixieren im flachen Winkel reinstecken, und an jeder Stelle eine 2. Nadel über Kreuz setzen, um das Spiel zu unterbinden.
    • die Stoffe und das Schnittmuster mit Zwirn heften.
    • eine Bauschaumplatte als Unterlage zu nehmen, um die Materialien regelrecht auf einen festen Untergrund zu nageln.
    • Ein weitere Ansatz, um möglichst genau zu arbeiten, ist das Schnittmuster auf jede enzelne Lage separat zu übertragen. Somit müsste ich dann für 8 Teile 24 Teile übertragen.:skeptisch: Der Genauigkeit zu liebe würde ich das auch machen, aber ich sehe da das Problem, das ich ein erhöhtes Potenzial habe Fehler oder Abweichungen zu übertragen :confused:
    • Das Schnittmuster und den Stoff in eine Pressvorrichtung legen, damit ein Versatz nicht möglich ist...öh..ja, ne is klar:eek:


    Gibt es vielleicht noch andere Möglichkeiten, um so genau wie möglich das Muster übertragen zu können?


    LG
    Jan

    There are 10 kind of people.
    The ones who do read binary and the ones who don't

  • Hast Du noch 20 Euro übrig? Dann kaufe Dir das Buch "Zuschneiden perfekt" Ich finde dort ist wirklich alles sehr toll beschrieben, manchmal ist so perfekt, dass ich den Unterschied zwischen einem perfekten und einem nicht perfekten Bild nicht mal merke :D


    Um Dir trotzdem zu helfen:


    Nimm statt Stecknadeln Zuschneidegewichte. Das können spezielle Gewichte sein, Steine oder Waagengewichte oder was anders. Damit beschwerst Du den Schnitt.


    Zeichne den Fadenlauf entlang den kompletten Schnittes, so kannst Du genauer den Schnitt auf dem Stoff ausrichten. Manchmal ist es nur ein Teil gezeichnet, 10 cm oder so. Das reicht m.M. nicht.


    Wenn Du den Schnitt aufgelegt hast, zeichne die Nahtlinien mit Kreide nach, also einmal um den Schnitt rum und durchschlage dann mit dem Heftfaden, so überträgst Du die Nahtlinie auf das andere Teil, falls Du zweilagig zuschneidest. Wenn Du einlagig zuschneidest, dann brauchst Du es nicht. Es sei denn, Du willst auf Nummer sicher gehen, dass die Kreidemarkierung nicht rausgeht. Dann Nahtzugabe drumrum einzeichnen, ebenfalls mit Kreide und entlang der Nahtzugabe zuschneiden.


    Mit Durchschlagen überträgst Du auch alle Linien, z.B. Abnäher (OK, die gibt es beim Korsett nicht). Nimm dann aber den doppelten Faden, der einfache kann leichter rausrutschen.


    Die Passzeichen werden in die Nahtzugaben eingeschnipst.


    Ob Du ein- oder zweilagig zuschneidest, entscheidet der Stoff. Bei einem sehr flutzschigen Stoff, wo die Lagen sich gegenseitig verschieben können, oder bei Karos oder Streifen (Du willst ja nicht, dass die Karos an Deinem perfekten Korsette nicht zusammen treffen :rolleyes:?) .

    Liebe Grüße
    Antonia

    Einmal editiert, zuletzt von toshka ()

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  • Ich habe zwar noch nicht mit dem Material gearbeitet, ähnliche Probleme mit einer eigenen Patchworktechnik erlebt.


    Bei einer meiner alten Nähmaschinen gibt es die Möglichkeit des einfädigen Kettelstiches, damit alle Lagen fixieren und erst anschließend das Schnittmuster auflegen und feststecken.
    Schneiden selbst tue ich mit einem Elektrocutter, das funktioniert ganz gut.


    Wobei, was Dir jetzt wahrscheinlich nicht möglich ist, wir seit Montag einen großformatigen Schneidlaser haben, mit dem ich in Zukunft sicherlich auch in dieser Richtung einige Experimente machen werde.
    Berührungsloses Zuschneiden wäre wahrscheinlich die optimale Lösung für Dein Problem, weil jede einzelne Lage ja nach der gleichen Datei geschnitten wird.


    Was ich Dir spontan anbieten könnte, wäre eine Schneideschablone aus Plexiglas zu lasern, damit wäre zumindest ein Teil der Reproduktionsfehler eliminiert.


    Ich bleibe mal an diesem Thread dran und lese mit, was sonst noch für Ideen kommen.

    m@rtin
    Erbsus Mechanicus Martinui


    Und täglich frisch: Kluger Leute schlaue Sprüche!


    Das perfekte Alter liegt irgendwo zwischen
    ›junger Ignorant‹ und ›alter Besserwisser‹.

  • Interessantes Thema, über das ich auch schön öfters in Bezug auf meine Dessous-Schnittmuster nachgedacht habe.
    Zu einer wirklich befriedigenden Lösung bin ich bisher aber noch nicht gekommen.



    Was ich Dir spontan anbieten könnte, wäre eine Schneideschablone aus Plexiglas zu lasern, damit wäre zumindest ein Teil der Reproduktionsfehler eliminiert.


    Aus Plexiglas habe ich sowas noch nicht probiert, aber aus richtig dicker und fester Folie. Damit konnte ich aber die Schnittteile nicht richtig gut auf dem Stoff fixieren. Mit Nadeln geht gar nicht, und schön schwere Gewichte haben eine gewisse Größe, die bei Dessous Teilen eher hinderlich ist.
    Mit doppelter Stofflage zu schneiden ist da auch eher suboptimal.


    Ich gespannt, was hier noch für Ideen auftauchen und werde interessiert mitlesen.

    Kristina

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  • Vielen Dank für die Antworten :)


    Ich muss das jetzt erst mal verdauen ;)


    Gewichte sind eine schöne Sache, aber ich habe da Elemente (siehe rote Rahmen im Bild), da geht es einfach nicht, da ist der Stoff ohne Nahtzugabe 1-3 cm.
    Ich denke, ich werd über den Kettelstich sinnieren und evtl. einen Umzugskarton mit massiver und stabiler Wandung nehmen. Dann kann ich die Stoffe heften, und das Muster mit dem Stoff auf die Pappe pinnen.


    Das Buch muss ich mir mal anschauen, danke für den Tipp :)
    Ich habe Probleme gehabt die Schnittmuster in Höhe und Weite zu skalieren. naja, wer so was noch nie gemacht hat, ist hier u.a. schwer im räumlichen Denken gefragt. Zu mal diese Stück schräg zum Kleidungsstück laufen und leicht um die Tägerin schlingen, das sie am Körper wieder gerade verlaufen. auf der unveränderten Vorlage, sieht es nicht so extrem aus, wie wenn eine Frau es trägt.
    Gestern hat meine Frau das Mock-up noch zur Probe getragen. Ich war geplättet, wie gut das passte. Da hat sich der Einsatz vom Hirnschmalz mal gelohnt :D


    corset.jpgcorset_vorlage.jpg
    Bei der Vorlage habe ich, wie schon bereits beschrieben, Höhe und Umfang in allen Regionen angepasst.
    Das Corset ist eigentlich für Frauen mit wenig Dekolltée, die etwas pushen möchten. das hat meine Frau nicht nötig und so ich modifziere den Schnitt so, das dort Cups eingenäht werden, falls ihr beim Vergleichen von Muster und Vorlage wundert :D


    Ich muss unbedingt mla eine Fotoserie von dem ganzen machen.


    Ich meld mich, wenn ich weiss wie es weitergehen soll oder getestet habe, was am besten geht.


    LG
    Jan

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  • Ach ja,
    @Foucault , das klingt sehr interessant. auf das Angebot würde ich eventuell gerne zurückkommen :)


    Den Arbeitstisch habe ich bereits gesehen. Die Idee gefällt mir auch sehr gut. Es wäre wahrscheinlich schon eine grosse Hilfe.
    Ich muss es mir mal in Ruhe alles durch den Kopf gehen lassen

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    Einmal editiert, zuletzt von Wakkaluba ()

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  • Hallo,


    als "pinnbare" und trotzdem relativ stabile Unterlage eignen sich übrigens wunderbar die grünen Styrodur-Platten aus dem Baumarkt. Die gibt es in verschiedenen Stärken (3-4 cm Dicke sind prima), sie sind leicht und nicht so ruppelig, wie die Styropor-Platten.
    Da kann man gut reinstechen und trotzdem noch mit weichem Stift gut drauf zeichnen.


    Haach, ich liebe Baumärkte... :D


    Grüße, und allen stressfreie Feiertage,
    Sabine

  • Ach ja,
    @Foucault , das klingt sehr interessant. auf das Angebot würde ich eventuell gerne zurückkommen :)


    Den Arbeitstisch habe ich bereits gesehen. Die Idee gefällt mir auch sehr gut. Es wäre wahrscheinlich schon eine grosse Hilfe.
    Ich muss es mir mal in Ruhe alles durch den Kopf gehen lassen


    Ja gerne, ich löcher Dir die Schablone dann noch mit 2 Dutzend Löchlein für die Nadeln. Styrodur-Platten hat ja schon oben Sabine genannt, sind neben Korkplatten eigentlich das Ideale zum Stecken.


    Liebe Grüße und schöne Feiertage

    m@rtin
    Erbsus Mechanicus Martinui


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    2 Mal editiert, zuletzt von Foucault ()

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