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Juki HZL H60 - der Nähmaschinentest

Erster Eindruck:


Die JUKI-Maschine wurden den Testerinnen für drei Monate zur Probe geschickt, und in dieser Zeit konnte man alles an ihnen testen, was so in den Sinn kam. Mein erster Eindruck war, dass sie meiner F 600 recht ähnlich ist, und wir daher sicher gut miteinander auskommen werden. Das hat sich bis jetzt bestätigt. Sie ist klein und handlich und kann schnell beiseite geräumt werden. Das Zubehör ist für den durchschnittlichen Nähanspruch gut, nur die Anzahl der Spulen ist natürlich für meinen Geschmack zu gering, aber die kann man ja leicht ergänzen. Sie läuft schön ruhig und leise.


Ich habe zunächst alle Nutz-und Zierstiche ausprobiert. Die Zierstiche sahen in der Grundeinstellung zunächst nicht schön aus, der Abstand der Stiche war zu groß (Empfohlene Sticheinstellung). Das gibt kein schönes Bild. Wenn man die Stichlänge eingestellt hat, sind die Zierstiche zwar schön, negativ finde ich allerdings, dass nach Umstellen auf einen anderen Zierstich sofort wieder auf die empfohlene Sticheinstellung zurückgeschaltet wird. Der Stich muss erneut eingestellt werden.


Wenn ich also mehrere Zierstiche hintereinander nähen will, muss ich nach Gefühl bei jedem Stich die neue Einstellung (Stichlänge und –breite) einstellen, weil da ja kein Probestich möglich ist. Es ist schade, dass die Längen- und Breiteneinstellung nicht beim Wechsel der Stiche beibehalten wird. Einfädeln und Spulen war praktisch selbsterklärend, allerdings ist das letzte Häkchen vor der Nadel etwas friemelig einzufädeln. Der Einfädler funktioniert wirklich gut! Den würde ich nicht mehr hergeben!




Die Bedienungsanleitung habe ich zunächst nur für das Knopflochnähen gebraucht. Sie war hier aber gut verständlich, und die Knopflöcher lassen sich sehr gut und einfach nähen und sehen gut aus.


Ich habe sie dann auf unterschiedlichen Materialien, wie einfacher Baumwolle mit bis zu 8 Lagen, auf Kunstleder bis zu 4 Lagen, Dessousmaterial, Jeans etc. getestet und sie hat alle Materialien gut bewältigt. Sie kann auch mit einer Start/Stopp-Taste bedient werden, und dieses auch, anders als bei meiner F 600, bei eingestecktem Fußanlasser. Das führte ein paarmal zu Irritationen, weil die Rückwärtstaste und die Start-Stopp-Taste dicht beieinander liegen und ich mich schon mal „verdrückt“ habe, also anstatt auf die Rückwärtstaste auf die Start-Stopp-Taste gedrückt.


Suspekt ist mir die kleine Kunststoffnase an der Spulenabdeckung. Wie lange die wohl hält? Und was passiert, wenn sie mal abbricht? Mein erstes richtiges Projekt mit der kleinen Maschine wurde die "Tanten-Talartasche". Meine Nichte, die Pfarrerin ist, hat sich eine Tasche zum Transport ihres Talars gewünscht, quadratisch,praktisch, gut, wasserabweisend und schmutzunempfindlich.


Material ist Kunstleder mit Schaumstoffrückseite, das Zeug ist etwa 4 mm dick. Zweilagig, teilweise mit doppeltem Gurtband, oder gefüttert mit festem Ikea-Leinen und vierfachem Baumwollschrägband. Die "Kleine" hat keine ernstlichen Schwierigkeiten mit dem Material gehabt, kam gut durch und hat gut transportiert. Sie schafft übrigens auch vier Lagen von dem Kunstleder, aber das habe ich mich nur auf gerader Strecke getraut.



Im Moment sind wir beide gute Freundinnen. Ich hab sie auch ein paarmal zum Nähen mit den Flüchtlingsfrauen mitgenommen, dort aber nur sehr versierten Näherinnen überlassen. Die beiden Schneiderinnen aus Syrien du Afghanistan waren hocherfreut und werden traurig sein, wenn sie wieder zurück geht. Als nächstes Projekt werden wir beide (die JUKI und ich) wohl das Quilten ausprobieren.


Zweiter Eindruck:


Nachdem der erste Testbericht so enthusiastisch ausgefallen war, verbrachten die JUKI und ich das Wochenende mit dem Quilten eines recht großen Quilts. Drei Lagen, Patchworkoberseite, dünnes Vlies und kuschelige Baumwoll-Sherpa-Rückseite, mit geraden Linien im Nahtschatten, hat sie problemlos bewältigt. Trotzdem würde ich größere Quilts lieber auf meiner großen Maschine quilten, der Durchlass ist da einfach komfortabler.




Das große Elend kam ein paar Tage später. Aus heiterem Himmel, bei vermeintlich unfallfreiem Nähen, bildete sie plötzlich Schlaufen auf der Rückseite und trotz intensiver tagelanger Fehlersuche konnte ich die Ursache nicht herausfinden, auch nicht durch telefonische Beratung durch Petra Neuhierl. Die Maschine wurde zurückgeschickt, und ein paar Tage später erhielt ich eine Neue. Wie Petra mir dann berichtete, hatte die Kleine eine leichte Beschädigung an der Stichplatte abbekommen, anscheinend hatte meine durchaus erfahrene syrische Näherin doch einen von mir nicht bemerkten Nadelbruch gehabt, der diesen Schaden verursacht hat und daran blieb das Garn hängen und hat Schlingen gebildet. Laut Petra ein Schaden, den man auspolieren kann, damit ich aber möglichst schnell weiter testen kann, hat mir der Nähpark eine neue Maschine zur Verfügung gestellt.


Gut das ich das jetzt weiß, denn ich meinem nächsten Leben möchte ich gerne Nähmaschinenmechaniker werden. Trotzdem hat mich das hat mich in meiner Testplanung etwas zurückgeworfen.


Die nächste Projekte waren zwei Sweatshirts. Ich wollte vor allem herausfinden, wie sie das Material verarbeitet und ob man auch gut ohne Overlock diese Materialien verarbeiten kann. Man kann es problemlos. Sie wurde sowohl mit dem relativ unelastischen Pikee wie auch mit dem weichen und elastischen Baumwoll-Mix-Sweat fertig. Die Nähte können problemlos mit einem der elastischen Geradstiche oder den falschen Overlockstichen genäht werden. Als Spielerei habe ich die Naht mit dem falschen Coverlockstich verziert, was mir recht gut gefällt. Hierbei ist der mitgelieferte Blindstichfuß toll, mit ihm kann man sehr schön die Nahtlinien nachnähen, die Ziernaht wird schön exakt (Übrigens wäre der auch beim Quilten hilfreich gewesen, um exakt in der Naht bzw. im Nahtschatten zu nähen, aber auf die Idee bin ich erst später gekommen). Auch den Abstandhalter habe ich hier eingesetzt, und ich wundere mich, dass ich dieses recht einfache Hilfsmittel, dass doch eigentlich bei jeder Maschine dabei ist, nicht schon viel öfter eingesetzt habe. Also auch elastische Stoffe werden gut verarbeitet.


 


Hier habe ich allerdings einen Fehler in der Bedienungsanleitung entdeckt. Laut dieser auf Seite 34 soll an den Overlockfuß nur für die Sticharten 05 und 08 verwenden. Das ergibt allerdings keinen Sinn, und die Grafik zeigt auch, dass die Sticharten 06 und 09 gemeint sein müssen. Das sollte unbedingt korrigiert werden.


Nicht glücklich wurde ich mit dem Einsatz der Zwillingsnadel. Die Spannung so optimal einzustellen, dass sich auf der Rückseite eine schöne Zickzacknaht bildet, und die Vorderseite sich bei Beanspruchung nicht zu einer Wurst zusammenzieht, ist mir nicht gelungen. Das habe ich allerdings auch mit meiner großen JUKI und mit den Maschinen, die ich vorher mein Eigen nannte, nicht geschafft, und die Zwillingsnadeln gehören nicht zu dem von mir häufig genutzten Zubehör. Allerdings habe ich im Hobbyschneiderin-Forum gelesen, dass das auch anderen Hobbyschneiderinnen mit anderen Maschinen nicht zur Zufriedenheit gelingt.


Auch hier gibt es, wie bei meiner großen JUKI, den Hinweis, dass Zwillingsnadeln nur mit maximalen Nadelabstand von 2 mm verwendet werden sollten. Das verwirrt nun aber völlig. Zwillingsnadeln mit so einem kleinen Nadelabstand sind kaum erhältlich, ich habe noch keine gefunden, und fände eine solche Naht auch nicht sonderlich attraktiv. Der Hinweis ist aber auch nur für breite Muster notwendig, bei geraden Stichen können durchaus breitere Nadeln genommen werden.


Für die Sweatshirts habe ich mein neues Spielzeug, den Kreisnähfuß, an der "Kleinen" getestet, weil ich eingeschlagene Metallösen nicht so mag. Die Spielerei macht Spaß, und das Ergebnis gefällt mir gut.




Das hochfrequente Pfeifen, das vor dem Umtausch aufgetreten ist und mich schon glauben ließ, dass ich an Tinnitus leide, war jetzt erstmal auch nicht mehr zu hören. Das wäre bei einer Kaufentscheidung leider ein K.O.-Kriterium, weil dieses leise „Singen“ mir ziemlich auf die Nerven ging.


Bezüglich ihrer Näheigenschaften begeistert mich die Kleine sehr, sie hat alle ihr bisher vorgesetzten Materialien gut verarbeitet. Da die Schwierigkeiten, die ich mit der ersten hatte, anscheinend unfallbedingt waren, treten diese hoffentlich nicht mehr auf.


Dritter Eindruck:


In der dritten Testphase bekam es die Kleine mit richtig schwierigen Materialien zu tun; Dessousnähen war angesagt. Zunächst wurde für BH-Körbchen Schaumstofflaminat mit dem geteilten Zickzackstich auf Stoß zusammengenäht. Hierfür habe ich den Füßchendruck etwas reduziert, und das Ergebnis wurde gut.




Dann ein sehr glatter Micorfaser-Dessousstoff, kombiniert mit Spitze, zusammen mit gedehnt angenähten Gummibändern und BH-Bügelband. Mit unterschiedlich eingestelltem Nähfußdruck war das alles kein Problem. Die Kleine hat die Materialien schön verarbeitet und steht im Nähergebnis meiner großen JUKI in Nichts nach. Ich habe hier allerdings einen Satinstich bei den Voreinstellungen vermisst, denn das Einstellen eines schönen engen Zickzackstichs erfordert viel Ausprobieren.


 


Vorher musste ich allerdings die Maschine reinigen, weil sich unter dem Greifer doch reichlich Fusseln angesammelt hatten, und das ist verhältnismäßig schwierig. Die Spulenkapsel lässt sich nur rausnehmen, wenn zwei feine Kreuzschlitzschrauben gelockert werden. Das ist allerdings mit dem mitgelieferten Schraubendreherchen (Schrott) nicht zu bewerkstelligen, und mit einem längeren Schraubendreher hat man Probleme, an diese Stelle zu kommen. Schade, denn an dieser Stelle muss man ja häufiger mal sauber machen, das sollte einfacher gehen! Nachdem ich das aber ein paarmal praktiziert hatte, ließen sich die Schrauben leichter lösen.


Zusammenfassend lässt sich über die kleine JUKI sagen:


Eine sehr schöne kleine Maschine, die man auch mal zum Nähkurs mitnehmen kann, ohne sich gleich zu verheben, und die alle gängigen Materialien von flutschigen Dessousstoffen bis zu dickem Kunstleder schön und sauber verarbeitet. Die wichtigsten Stiche sind vorhanden, ohne dass allzuviel Schnickschnack die Sache verkompliziert. Die Bedienung ist fast selbsterklärend. Schöne Extras sind der gut funktionierende Einfädler (den alle Näher über 50 sehr zu schätzen wissen!), die Vernähfunktion (Vernähstiche auf einer Stelle, das hat meine große JUKI nicht) und die "Nadelposition oben oder unten".


Sie näht angenehm leise und scheint auch recht robust. Die mitgelieferten Füße eröffnen viele Möglichkeiten. Für meine Begriffe hat sie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Sollte es mir gelingen, einen meiner Söhne oder Schwiegerfreundinnen vom Nähen zu begeistern, wäre die kleine JUKI eine Maschine, die ich ihnen bedenkenlos schenken würde.


Viele Grüße

Karin


Links:

Nähpark Diermeier

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