Ein neuer Rechteckmantel

  • Hallo ihr Lieben!


    Ich kann nun doch nicht längere Zeit ohne Fäden zwischen meinen Fingern leben und so war ich vor ein paar Wochen im Stoffladen. Dort fand ich einen wundervollen Wollstoff mit hellgelber bis okkerfarbener Kette und mittelbraunem Schuss in Panamabindung. Es waren noch 2.40 m davon auf dem Ballen und nun sind diese mein und werden ein Rechteckmantel. Ich freue mich, wenn ihr mich bei diesem Prozess begleitet, denn das ist das erste Mal, dass ich so ein Projekt mache.


    Diese Mäntel wurden über viele Epochen getragen, mir sind einfache Stücke aus der vorrömischen und der römischen Eisenzeit sowie aus dem Frühmittelalter bekannt. Das sind allerdings nur Ausschnitte aus der langen Zeit, in der dieses einfache Kleidungsstück verwendet wurde. Es ist letztlich nur ein rechteckiges Stück Stoff. An der Oberkante wird ein drittel der Länge umgeschlagen und dann wird der Mantel von Männern auf der rechten Schulter und von Frauen auf der Brust mit einer Fibel geschlossen. Die Mäntel wurde auch durch alle gesellschaftlichen Schichten getragen. Es gibt einfache, wie die, die K. Schlabow in den norddeutschen Mooren ausgegraben hat und sehr prächtige sogenannte Prachtmäntel wie den, den der Keltenfürst von Hochdorf an hatte.


    So ein rechteckiges Stück Stoff sollte einfach zu machen sein, sollte man denken. Aber moderne Stoffe werden nicht wie alte Stoffe gewebt und so muss das Stück noch ein wenig zurechtgemacht werden, ehe es wie ein echter Rechteckmantel aussieht.


    Rechteckmäntel wurden als Einzelstücke gewebt, weisen also im Idealfall 4 Webkanten auf. Die obere, um die Kette an den Webstuhl zu bringen, zwei an den Seiten, die mitgewebt werden und die untere, mit der das Gewebe beim Abnehmen vom Webstuhl gesichert wird. Die Webkanten können sowohl kamm- als auch brettchengewebt gefertigt werden.


    Ich möchte meinen für die Spätantike um 400 und das Frühmittelalter um 580 nutzen. Da ich silberne und bronzene Kleinfibeln habe, sollte er nicht allzu einfach sein, aber zu aufwändig möchte ich ihn auch nicht gestalten. Und weil ich ungeduldig bin und nicht mit unendlich viel Zeit gesegnet, wird der Plan als erstes ein wenig gekürzt. Die Webkanten an der Ober- und Unterseite fallen weg, statt dessen gibt es lange gedrehte Fransen aus je vier Doppelfäden.


    IMG_1577.jpg


    Ich habe erst die Schnittkanten begradigt und dann eine Handbreit aufgeribbelt. Die Schussfäden habe ich gleich aufgewickelt, die brauche ich später noch. Damit das bei der Wolle noch geht, habe ich den Stoff noch nicht gewaschen. Das kommt, wenn ich fertig bin. Ich hoffe, dass die Fransen danach nicht mehr so krumpelig sind. Derzeit macht sich da der Zickzacklauf bemerkbar, der dadurch kommt, dass die Enden mal eingewebt waren.


    Da dieser Stoff maschinengewebt ist, hat er keine echten Webkanten. Die Schussfäden sind abgeschnitten und durch zwei Zwirne, wahrscheinlich aus Polyester, gesichert. Hier einfach genauso Fransen zu machen ist nicht mehr vertretbar. Es muss eine Webkante her. Dafür habe ich 14 doppelte Kettfäden abgeteilt, die später gezogen werden.


    IMG_1580.jpg

  • ich hab das nu mal gegoogelt, was ein Rechteckmantel ist. Poncho-ähnlich? Kommt das hin?


    https://www.google.de/search?q=rechteckmantel&es_sm=93&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=3rF7U4CcFcGWyAP1wIGgBw&ved=0CAgQ_AUoAQ&biw=1345&bih=598


    ist da was dabei, was so ähnlich aussieht, wie das, was du machen willst?

    seid lieb gegrüßt
    Ute und Chenoa-Carisma



    "Keine Frau ist mit fünfundvierzig Jahren noch jung, aber sie kann in jedem Alter unwiderstehlich sein." Coco Chanel


    "Viel Feind, viel Ehr´". Oder: "Was kümmert es die Eiche, wenn sich ein Schwein an ihr scheuert" ;)

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  • Oh, ich hätte da was verlinken sollen. Sorry. Ja, genau so was ist das. Wie gesagt, eigentlich nicht viel dran. Poncho würde ich aber nicht sagen, weil der ja ein Kopfloch hat und das hat der Rechteckmantel nicht. Er ist eben nur ein rechteckiges Stück Stoff. Die Kleidsamkeit sei mal dahin gestellt, aber er hält warm und man kann ihn auch als Decke verwenden.

  • Ziehst Du die Nylon Fäden raus ? Manchmal geht das. *daumendrück*
    Die Fransen sehen schön gleichmäßig aus. In der Regel gehen die Webknitter aus Wolle wieder raus. Ich habe schon verstricktes garn auf Stränge gehaspelt,(abgebunden) und nass gemacht und sie waren wieder glatt.

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  • Das ist der Plan, ja. Die Kunstfaserfäden und einen Teil der Kette ziehen und dann eine Webkante machen.


    Die erste Reihe Fransen ist fertig. Mir ist aufgefallen, dass ich die mit der Zeit etwas fester gedreht habe. Entweder ich drehe die ersten Fransen nach oder ich hoffe, dass es niemandem auffällt. ;)

  • So, ich habe die Fransen fertig und jetzt geht es an die Webkanten. Das wird länger dauern. Gestern habe ich erstmal "Brettchen" gemacht.


    Man nehme:


    IMG_1586.jpg


    und mache daraus 29 Brettchen à 4.5 cm Kantenlänge:


    IMG_1590.jpg



    Allerdings habe ich den Cutter recht bald durch eine Küchenschere ersetzt - ging doch besser.
    Erste Tests ergaben, dass die Kette durch das Plastik nicht allzu sehr beschädigt wird. Ein bisschen Abrieb gibt es aber schon, mal schauen, ob das so klappt. Werde berichten, wenn ich ein Stück gewebt habe.

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  • Ui- wie schön!
    Da werde ich doch immer mal bei Dir vorbei schauen. Brettchenweben mag ich auch sehr- wenn nicht das Brettchenbeziehen (je nach Muster...) bei mir immer noch so lange dauern würde!...
    Hätte ich jemanden, der mir mit Freude die Kette aufziehen würde, würde ich viel öfter weben :)
    Und bei Dir scheint es ja noch spannender zu werden. Viel Spaß!

    Liebe Grüße- Eike

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  • Danke :)


    Es geht weiter. Meine Planung war, 15 Brettchen für die Webkante zu verwenden. Davon werde je 3 zu Randbrettchen, das heißt es bleiben noch 9 für ein Spitzgradmuster. Als Bezugsmuster habe ich


    S 4 x braun__\
    Z 4 x gelb____> Randbrettchen
    S 4 x braun__/


    Z gelb, 2 x braun, gelb_\
    S 2 x gelb, 2 x braun___\
    Z braun, 2 x gelb, braun_|
    S 2 x braun, 2 x gelb____\
    Z gelb, 2 x braun, gelb____> also je 2 x gelb und 2 x braun nebeneinander und dann werden die Brettchen vor dem ersten Schuss entsprechend verdreht.
    S 2 x braun, 2 x gelb____/
    Z braun, 2 x gelb, braun_|
    S 2 x gelb, 2 x braun___/
    Z gelb, 2 x braun, gelb_/


    S 4 x braun__\
    Z 4 x gelb____> Randbrettchen
    S 4 x braun__/


    gewählt. Die gelben Fädenbekomme ich aus der Kette des Wollstoffs. Dazu habe ich zunächst den Nylonzwirn entfernt und dann 16 doppelte Kettfäden an der Webkante gezogen. 13 davon wurden zu einem Teil der Kette. So habe ich noch 3 über, falls ich die Kette verlängern muss. Die braunen Fäden stammen aus dem Schuss des Wollstoffs. Da der Stoff länger ist als breit und die Kette abgeschnitten ist, habe ich jeweils zwei zusammengefilzt um die nötige Länge zu erhalten.
    Nach dem Aufziehen der Brettchen habe ich aus einem Küchenstuhl einen "Webstuhl" improvisiert und immer an die Kette eines Brettchens ein "Webgewicht" gehängt. Das ermöglicht, dass ich ohne Wechsel der Drehrichtung meiner Brettchen durcharbeiten kann.


    IMG_1652.jpg


    Als Schuss dient je ein doppelter Schussfaden des Stoffes, der im nächsten Fach nach dem einlegen des nächsten Schussfadens zurückgeführt wird. Nach dem Anweben habe ich aus den Enden Fransen gemacht und die für die Befestigung verwendet.


    IMG_1651.jpg


    Das ist abgesehen davon, dass ich noch etwas ungleichmäßig webe, schon ganz passabel. Allerdings sind die Gewichte wohl etwas zu schwer. Die Kette reißt recht oft und sie zu flicken ist ganz schön lästig. Also habe ich den Flaschenpfand in den Ring geworfen und ne Kiste kleine Flaschen besorgt. Muss ich nur noch austrinken, dann geht's weiter. ;)

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  • Puha, Respekt, das sieht gut aus. Aber du sagst, die Kette reißt oft, und dann hast du diese Plastikbrettchen... also ich kann nur von meiner Erfahrung mit gelochten Spielkarten (Pappe) bzw. Bierdeckeln berichten - und selbst die recht weichen Spielkarten haben deutlich Abrieb an der Kette verursacht, also kann es auch an den scharfen Plastikkanten liegen, dass deine Kette reißt.


    Salat,
    schaut interessiert weiter zu.

  • Versuche die Fäden mit Sprühstärke zu appretieren, das hilft oft, gegen das reißen aber auch gegen verkleben. Aufsprühen, trocknen lassen.


    Die Idee mit dem Stuhl und den Gewichten ist toll. Ich habe schon davon gehört das Leute mit Wirblern (?) aus dem Anglerbedarf weben, damit sich nichts verdröselt. Aber so geht sicherlich auch gut.

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  • Ja, die Brettchen verursachen etwas Abrieb, deshalb hatte ich versucht, die Kanten zu glätten. Aber jede mechanische Bearbeitung hat die Ränder nur rauh gemacht. Umschmelzen hat auch nicht gut funktioniert. Dann hatte ich sie so gelassen.


    Allerdings reißt die Kette nicht da, wo die Brettchen sind. Meist zwar darunter, aber auch oberhalb der Brettchen. Ich hatte das Weben vorher mit einer schmalen Borte von 1 m Länge ausprobiert, die hatte ich mit meinem Gürtel gespannt. Da war nichts gerissen. Ich denke, es liegt am zu hohen Gewicht an der Kette. Zumindest hoffe ich noch, dass es so ist.


    Sprühstärke ist eine gute Idee, das werde ich dann mal probieren.


    Wenn das alles nichts hilft, werde ich mir wohl Holzbrettchen besogen und die Kette neu aufziehen. Wenn ich dabei kleine Fehler mache, ist das Muster wenigstens so dankbar, dass man sie nicht sieht.

  • wie wäre es mit Gummiprofilen aus dem Baumarkt oder Modellbau? In kleine Stücke schneiden und über die Öffnung der Brettchen schieben, dass diese zu 3/4 abgedeckt ist (müsste wohl reichen)


    hier der google-link, zu Gummiprofilen, damit du siehst


    https://www.google.de/search?q=profile+aus+gummi&espv=2&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=gkSZU57BFcef7AbomYDYCw&ved=0CDIQsAQ&biw=1366&bih=667


    was ich meine

    seid lieb gegrüßt
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  • Über den Brettchen... dann könnten es auch die äußeren Kanten sein... hm. Doof allemal. Ich träume immer noch von den feinen Messingbrettchen, die es zu kaufen gibt - aber für das bissken Weben, was ich mache, ist es dann doch recht teuer.


    Salat

  • Die Randfäden reißen ? Dann setze Hilfsfäden ein, "einfach" die Randbrettchen zusätzlich mit einem glatten Faden (Baumwolle,Poly ...) beziehen und weiter weben, später den Faden raustrennen. Klingt nach viel Arbeit, ist aber im Endeffekt einfacher, als ständig flicken.

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  • Hallo!
    Wow Du hast ja schon ganz schön viel geschafft!
    Also, ich habe auch mit Spielkarten-"Brettchen" angefangen und mir aber irgendwann Holzbrettchen vom Barden bestellt. Herrlich!
    Bei reißfreudigen Fäden habe ich aber auch schon gute Erfahrung mit Sprühstärke gemacht.

    Liebe Grüße- Eike

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  • Aaaaalso, es war ziemlich lange Ruhe hier, ich weiß. Aaaaaber: Es geht weiter.


    Ich habe jetzt kleine Flaschen, sogenannte Steinies als Gewichte an die Kette gehängt. Die sind deutlich leichter und das macht schon was aus, die "Webkante" wird deutlich gleichmäßiger. Und ein Fan von Sprühstärke bin ich jetzt auch. Jedenfalls habe ich 20 cm gewebt und noch ist nix gerissen. Toi toi toi.


    Der nächste Schritt sieht vor das bisherige Gewebe nach unten zu verlegen, da der Stuhl zu Ende ist. Ich habe mir bisher überlegt, einen Tunnel zu nähen und das Rundholz da durch zu schieben. Aufwickeln kann ich ja nicht, denn der Stoff ist gefaltet und dann würde ich jegliche Spannung verlieren.

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