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  • Also, dass es im MA keine BH-Lösung gab, wage ich zu bezweifeln.


    Ist jedem freigestellt, ... zum Glück :)



    Die Römer kannten Brustbinden und auch im Frühmittelalter war so was bekannt. Isidor von Sevilla (Enzyklopädie, 1. Hälfte 7. Jh.) schreibt bezüglich weiblicher Unterbekleidung:


    Ich kann nur etwas zu "Hosen" für Männer sagen, also Hosen, so wie wir es mehr oder weniger kennen. DIE hatten die Römer, die Kelten sogar in richtig schick, kariert und eher in eng, die Germanen sowieso, Wikinger selbstredend ... und irgendwann kamen dann die mächtigen Schamkapseln.


    Also fragt man (ich, zumindest) warum zur Hölle, wurden die Hosen in "zivilisierten" Europa des MA und zwar von Früh- bis fast Spät-MA komplett ignoriert? Hosen waren damals ein PAAR Beinlinge mir Füssen dran, genäht, wohlgemerkt, nicht gestrickt oder nadelgebunden. Die wurden vorne mit EINER Nestelschnur an dem Gurt der Bruche angebunden.


    Warum die Bruche X-mal um den Gurt gewickelt werden musste, angefangen ab ca. den Achseln, auch so ein Mystikum. Btw. die Bruche, praktisch Boxershorts XXXL hatte in der Mitte einen "Steg", an den die Beine genäht wurden, aber NUR oben, die Beine selber blieben innen offen und wurden übereinander gelegt in die Beinlinge gestopft. Dieses Gefühl, wenn dann in fern Innenbeuge an sensibler Stelle, kratzige Wollstoff-Kante durch den offenen Leinen kommt, bestimmt herrlich :doh:


    Es klingt für uns heute völlig gaga, aber es war halt so. Gibt viele weitere Beispiele von Erfindungen, Techniken, Denken, ... dass in der Antike bekannt war und dann erstmal nicht bis weit nach dem Mittelalter.



    Für die Zeit dazwischen ist mir zwar nichts bekannt, aber ich bin durchaus geneigt davon auszugehen, dass es auch da was gab. Das ist schließlich eine Frage der Praktikabilität. Und mit Oberweite rumzurennen, die von nichts gehalten wird, ist verdammt unpraktisch. Warum sollte was praktisches verschwinden, um Jahrhunderte später wieder aufzutauchen?


    Nur um mal kurz Namensbildung für die Schichten zu machen, damit wir über das Gleiche reden:


    * auf der nackten Haut das Leibhemd (wohl eher lockeres Leinen, bei Frauen ca Knie + / - je nach Epoche) ob nun "Träger" oder Ärmel hängt wohl von vielen Details ab


    * darüber das Untergewand, tlw. Leinen, tlw. Wolle ... wird heute als "Unterkleid" fälschlicherweise dem Leibhemd gleich gesetzt


    * darüber das Obergewand, also Kotte, Tunika etc. ... meistens Wolle, oder edler, tlw. sogar komplett Pelz gefüttert. Wurde z. B. im Haus dann ohne weiteres getragen


    * darüber das Übergewand, das waren dann i. d. R. die "Prachtgewänder" von Bildern etc., also Surcote oder Houppelande usw. Houppelande geht tlw. dann schon in Richtung "Mantel" im heutigen Sinne, also lang, weit, ggf. Pelz gefüttert etc. - Das Übergewand wurde wohl von der ärmeren Bevölkerung am ehesten weggelassen, bzw. konnte sie sich gar nicht leisten.


    * darüber dann Guggeln, Mäntel, Umhänge, ....



    Irgendwo in den Schichten sind für Frauen Brusttücher dokumentiert. Ob die nun dazu dienten, einen unschicklichen Ausschnitt zu verdecken, mehr Komfort zu bringen, Wärme, oder gar ob die nicht evt. verknoten und damit tragende Aufgaben haben, darüber habe ich schon alle Varianten gelesen.


    Irgendwann im Laufe des Mittelalters begann man sich für das Untergewand von dem Denken "viel Tuch rein (gut betucht), damit man für alle Vorkommnisse (schwanger, zu nehmen) gewappnet ist" zu verabschieden. Bis dahin war es üblich, 1 Stoffbahn (damals ca. halbe Breite von heute) einfach so zu lassen und an den Seiten zusammen zu nähen. Da begann man wohl mit Drapieren das ganze auf Form zu bringen.


    Sinngemäß Stoffbahn, Loch für den Kopf rein, dann erstmal die Seiten grob abstecken - oder besser, empfehle abnähen(!) - danach ca. die Arme frei schneiden. Dann Mitte hinten (wenig!), Mitten vorne (noch weniger!), Seiten korrigieren. Irgendwann ist man relativ dicht dran. DANN legt sich Frau flach auf den Rücken, ggf. hält sie mit den Händen die Brüste ungefähr da, wo sie hin sollen. Danach wird von der Taille aufwärts jeweils eine Nahtlinie drapiert, die senkrecht hoch auf die Brust zu läuft. DAS muss dann richtig stramm werden und auch die Brust entsprechend formen.


    Danach hat man ein frühes Miederkleid, das auf jeden Fall seitliche oder rückwärtige Schnürung braucht. Das Kleid besteht dann aus mind. 5 bzw. 6 Bahnen, wobei die mittlere Bahn vorne zumindest im oberen Teil sehr deutlich verstärkt werden muss, z. B. Steifleinen, für ein winterliches Unterkleid habe ich mal sehr dicke, feste, indische "Rohseide" genommen, das ging prima. Diese Unterkleider lassen sich dann definitiv problemlos auch OHNE BH tragen, zumindest die bisher von mir so erstellten. Seit einem Jahr soll ich das irgendwann mal für ein Körbchen in Größe "K" machen, danach können wir gerne noch mal reden.


    Allerdings sind diese Miederkleider erst Mitte / spätes 14. Jh und dann nur regional unterschiedlich aufgekommen.


    Oberkleider hatten tlw. noch konturformende Aufgaben, aber sicher keine "tragendende", Überkleider sowieso nicht mehr. Da war es eher so, dass z. B. durch die Höllenfenster das eng sitzende Unterkleid präsentiert wurde.



    Wie überhaupt bei dieser ganzen Diskussion wie immer bei dem "authentisch", Zeit und Ort sehr stark eingegrenzt werden muss.



    Btw. nochmal zurück zu den Unglaublichkeiten :tanzen: ... die Kleider der Männer wurden immer kürzer und auch die Bruchenbeine kürzer, die Beinlinge gingen tlw. nicht mehr bis in den Schritt, es gab nackte Haut zu sehen, tlw. recht viel Männlichkeit, darüber gibt es sogar entsprechende Nachweise. In der gleichen Zeit kam das Reiten in Mode und Man(n) stellte fest, Leinenbruchen sind doof, da war Hirschleder schon besser und irgendwoher kamen wirklich reichere auf die Idee, SCHLANGENLEDER zu nehmen. Nun einfach mal das Bild entstehen lassen, Schlangenlederpanties, rote (war damals tlw. sogar vorgeschrieben!) Beinlinge und freien Blick auf das alles, weil die Klamotten stark Richtung "Mini" gingen ... :eek:


    Damit wünsche ich dann Gute Nacht!


  • Ich kann nur etwas zu "Hosen" für Männer sagen, also Hosen, so wie wir es mehr oder weniger kennen. DIE hatten die Römer, die Kelten sogar in richtig schick, kariert und eher in eng, die Germanen sowieso, Wikinger selbstredend ... und irgendwann kamen dann die mächtigen Schamkapseln.


    Also fragt man (ich, zumindest) warum zur Hölle, wurden die Hosen in "zivilisierten" Europa des MA und zwar von Früh- bis fast Spät-MA komplett ignoriert? Hosen waren damals ein PAAR Beinlinge mir Füssen dran, genäht, wohlgemerkt, nicht gestrickt oder nadelgebunden. Die wurden vorne mit EINER Nestelschnur an dem Gurt der Bruche angebunden.


    Guten Morgen!


    Zu der Frage habe ich tatsächlich eine Antwort parat. Solche Beinlinge gab es schon im spätrömischen Reich als Teil der Militärkleidung für die Infanterie. Wann diese Kleidungsstücke aufkamen, weiß ich nicht. Aber der Zweck war, sie ablegen zu können, bevor die Beinschienen angelegt werden. Festgenestelt wurden sie an einer kurzen Hose. Als Beispiel diese komplett erhaltenen Stücke aus Antinoupolis. Ich nehme an, dass diese Beilinge das sind, was Isidor als Tibraci beschreibt. Daneben kennt er auch "normale" Hosen und kurze Unterhosen:


    Zitat


    [29][...]Femoralia werde so genannt, weil sie die femora (von den Lenden bis zu den Oberschenkeln) bedecken. Dieselben heißen auch bracae (weite Hosen), weil sie kurz sind und die Schamteile mit diesen bedeckt werden. [30] Tubrucos sollen so genannt worden sein, weil sie die Schienbeine (tubiae) und die bracae bedecken.


    Also lange Hosen, die die Unterhose vollständig bedecken. Weiter:


    Zitat


    Tibraci [heißen so], weil sie von den Armen (bracchiae) bis zu den Schienbeinen (tibiae) gehen.


    Möller 2008, S. 691.


    Und die gefunden Stücke gehen von den Enden der Arme bis zu den Knöcheln, also über die Schienbeine.
    Also kannten die Römer beides.


    Ich muss jetzt mal unterbrechen wegen Frühstücks. :kaffee:

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  • So, wieder da. Punkt Entwicklung weibliche Bekleidung, die ich genauso wenig unschlüssig finde, wie die Entwicklung der männlichen Beinkleider:


    Klar, zu vorrömischer Zeit und teilweise auch darüber hinaus war in Europa die Peplostracht an der Tagesordnung. Ein Kleidungsstück mit ca. 2000-jähriger Erfolgsgeschichte. Teilweise auf einem Rundwebstuhl in einem Stück gewebter Stoffschlauch (Huldremose, Jütland, 2.64m mal 1.68m, nahtlos zum Schlauch geschlossen), so weit, dass die Trägerin darin die Arme koplett ausstrecken konnte, also 2.60 m bis 3.00 m Umfang. Mit Fibeln auf der Schulter zusammengehalten, evtl die obere Kante umgeschlagen, und gegürtet wird das Ding drapiert. Dazu gibt es auch Abbildungen auf der Trajanssäule.
    Darüber hinaus sind aus der Eisenzeit (um Chr. Geb.) Röcke bekannt, unter Anderem ein Stück aus Damendorf, 2.10 m mal 0.85 m, 2/2-Köper, mit allen vier Webkanten und zum Schlauch geschlossen. Saum- und Bundkante wurden mit einer fest gezirnten Wollschnur verstärkt, der Bund war in Falten gelegt. Dazu gehörte eine Bluse, darunter eine Hüfthose, knapp überknielang und darüber ein Mantel. So wurde es in Dätgen gefunden. Leider war die Moorleiche zerstochen (vom Torfgräber übersehen) und der Brustbereich nicht erhalten. Von der Bluse sind die Ärmel übrig.
    Quelle: K. Schlabow: "Textilfunde der Eisenzeit in Norddeutschland", Karl Wachholz Verlag, Neumünster, 1976


    Springen wir ein paar Jahrhunderte weiter, ins 5. Jh. nach Krefeld. Auch da wurde in einigen Gräbern noch die Peplostracht gefunden. Allerdings mit einigen Änderungen, die im römischen Einfluss begründet liegen. Während zu früheren Zeiten noch die großen Bügelfibeln zum Verschluss des Peplos an den Schultern dienten, finden sich in dieser Position nun römische Kleinfiblen. Also Scheibenfibeln in Vierpass- oder Rosettenform, etwa 3-5 cm im Durchmesser, oder auch Tierfibeln. Die Bügelfibeln werden behalten, verändern aber ihre Position und finden sich zum Verschluss des Cingulums, eines breiteren Stoffgürtels, im Beckenbereich. Gleichzeitig scheint allerdings eine neue Mode aufzukommen, die in der Literatur mit Vierfibeltracht beschrieben ist. Das Kleinfibelpaar wird auf der Brust getragen, eine Fibel etwa auf Höhe der Schlüsselbeine, die andere darunter, irgendwo zwischen dem Ende des Brustbeins bis eine Hand breit darüber. Das Paar kann auch ungleich sein, wobei die höherwertige Fibel sich häufiger in der weniger prominenten unteren Position findet. Das eröffnet die Theorie, dass die untere Fibel das Obergewand verschließt und die obere das sichtbar getragenen Unterkleid. Wir befinden uns jetzt im 6. Jh.. Diese Änderung in der Mode ist nur mit dem römischen Einfluss und der Übernahme des Tunikakleides zu erklären. Die Bügelfibeln bleiben im Beckenbereich und wandern mit der Zeit immer weiter runter zwischen die Oberschenkel. Dazu gibt es mehrere Rekonstruktionen, unter Anderem die sehr prominente von G. Clauss, die alle vier Fibeln und den Gürtel verwendet, um ein Mantelkleid zu verschließen, das vorne komplett geöffnet ist, angelehnt an das Arnegundegrab (allerdings noch nach der alten Interpretation, in der die Schichtabfolge nicht ganz klar ist). Dagegen spricht meiner Ansicht nach auch der Fund von Bopfingen, Grab 129, der die klassischen 4-Fibeltracht zeigt, wo sich jedoch eine Reihe von 12 Glasperlen an die untere Kleinfibel anschließt und bis zur Gürtelschnalle reicht. Leider wurden die Perlen nicht in der Ausstellung im Allamannenmuseum zusammen mit den restlichen Funden gezeigt worden, so dass ich über Form und Größe nichts weiß, ausser dass der Ausgräber sie als Fliegenschisse (entschuldigt bitte den Ausdruck) in der Zeichnung vermerkt hat. ich gehe dennoch davon aus, dass das Oberkleid bis zum Bauchnabel zu knöpfen war. Ich weiß, dass das Allamannisch ist, aber die Lage des Trachtzubehörs unterscheidet sich im 6. Jh. nicht von der in fränkischen Gräbern und änliche Befunde gibt es auch aus Frankfurt-Harheim. Das Reallexikon der germanischen Altertumskunde schlägt an der Stelle die Position der Büglefibeln auf der Mappa vor, an der sie nur noch Schaucharakter haben. Das ist auch mit der geringen Funddichte vereinbar, nur ca. 20 % aller Frauengräber (mit regionalen Unterschieden, ist also nur eine Hausnummer) weisen Bügelfibeln auf. Mir sind auch keine minderwertigen Bügelfibeln bekannt (bis auf ein Grab einer Greisin, das ist aber eh ein Ausnahmefund), möglicherweise handelt es sich zu der Zeit nur noch um ein Statussymbol, das daher auch keine "tragende" Bedeutung mehr hatte. Diese Tracht war eher weit, wie auf dem Kästchen von Pfahlheim dargestellt (Angesprochen werden die Figuren als "Engel", wegen des "Halos" um den Kopf. Dieser ist allerdings über die Arme verlängert und erinnert damit an die Angabe der Haare oder eines Schleiers. Zudem weisen die auf der Brust liegenden paarigen Fibeln die Figuren eindeutig als weiblich aus, während Engel zu der Zeit grundsätzlich männlich waren). Während die Röcke im 6. Jh., noch Knielang getragen wurden, werden sie zum 7. Jh. hin länger und später knöchellang, was an der Lageveränderung der Riemenzungen der Wadenbindengarnituren und an der mangelnden Verzierung der Schnallen in Wadenlage zu erkennen ist. Die Klein- und Bügelfibeln verschwinden nun, und auf der Brust wird eine größere Scheibenfibel gefunden. Die Fundlage entspricht den Darstellungen im Stuttgarter Psalter aus dem 9. Jh., die Tracht bleibt offenbar über 200 Jahre so bestehen. Auch gibt es noch die Darstellung kurzer Ärmel des Obergewandts über langen Ärmeln des Unterkleides, das Kleid wird noch weit getragen. Ganz ähnlich sind auch die Darstellungen in der Manesse aus dem 13. Jh., nur dass sich die Verzierungen geändert haben.


    Erst im 14. Jh. kommen die von dir angesprochenen engen Kleider auf. Wenn die Unterkleider als Miederkleider angelegt waren, ist eine Brustbinde natürlich unnötig, denn dann ist die BH-Lösung integriert. Genauso ist ein BH unnötig, wenn ein Korsett getragen wird. Bei den weiten Kleidern des frühen und hohen Mittelalters sieht das natürlich ganz anders aus, das Brusttuch als Brustbinde zu interpretieren halte ich für äusserst sinnvoll. Vielen Dank für den Hinweis, darf ich dich um die Quelle bitten?


    LG Trinschen

  • Whow - was ein Text, ach was sage ich, wissenschaftliche Abhandlung trifft es eher :applaus:


    Erst im 14. Jh. kommen die von dir angesprochenen engen Kleider auf. Wenn die Unterkleider als Miederkleider angelegt waren, ist eine Brustbinde natürlich unnötig, denn dann ist die BH-Lösung integriert. Genauso ist ein BH unnötig, wenn ein Korsett getragen wird. Bei den weiten Kleidern des frühen und hohen Mittelalters sieht das natürlich ganz anders aus, das Brusttuch als Brustbinde zu interpretieren halte ich für äusserst sinnvoll. Vielen Dank für den Hinweis, darf ich dich um die Quelle bitten?


    Ich werde versuche, dass was ich mal gefunden hatte und dann auch noch wieder finden kann, zu bringen, wenn ich das nächste Mal an MA-Sachen arbeite, dass sollte eigentlich vor Ostern sein. Derzeit habe ich recht viel Stress und auch nähtechnisch noch einiges anderes zu erledigen. Ich hoffe ich vergesse es nicht, wenn doch, bitte einfach mal vor's Bein treten.

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  • errr....ok.
    sorry das ich mich erst jetzt melde, hatte zuviel zu tun. Ich traue mich bei der ganzen Authentizitäts Diskussion um Unterwäsche gar nicht mehr den Link zu dem von mir geplanten Schnittmuster zu verlinken. Doch auf die Gefahr hin, dass das jetzt eine neue Diskussion anstösst...bei mir hört spätestens bei der Unterwäsche, Einlagen in Schuhen, die ich tragen muss und anderen Rücksichtnahmen auf körperliche Eigenschaften, jegliche Authentizität prinzipiell auf.


    Um auf die Kleider zurück zu kommen, Ich finde das blau-grüne Kleid des Gewandmeisters sehr schön und das Kleid der Thread-Erstellerin auch ganz zauberhaft

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  • Ich traue mich bei der ganzen Authentizitäts Diskussion um Unterwäsche gar nicht mehr den Link zu dem von mir geplanten Schnittmuster zu verlinken. Doch auf die Gefahr hin, dass das jetzt eine neue Diskussion anstösst...bei mir hört spätestens bei der Unterwäsche, Einlagen in Schuhen, die ich tragen muss und anderen Rücksichtnahmen auf körperliche Eigenschaften, jegliche Authentizität prinzipiell auf.


    Lass Dich blos nicht von so einer Diskussion :irre: stören, wenn man es weiss und sich dann bewusst anders entscheidet ist doch IMHO alles prima :) nur einen "Anfänger" glauben zu lassen, alles wäre gut und authentisch usw. das ist doof und das ist mir bei meinen ersten Sachen halt ein wenig so passiert, bis ich verstanden habe, dass z. B. Sarah Thursfield doch eher pragmatisch, als authentisch vorgeht und dabei aber immer noch viel, viel authentischer zu sein scheint, als das meiste, was z. B. in Karfunkel steht oder auf dem MPS getragen wird, denn DAS ist halt auch Phantasy.


    Also los her mit dem Link :D ... wobei ich vorschlagen würde, Du machst einen neuen Thread für DEINE Diskussion auf, DEN Thread hier haben wir nun schon genug zu "gespamt" mit Unterwäschediskussionen, also ich :o

  • Genau so isses. Letztlich wird niemand auf die Idee kommen, unter dein Kleid oder in deine Schuhe zu schauen. Genauso wird nur ganz selten jemand kommen und von links in dein Kleid schauen, um zu prüfen, ob die Nähte mit der Hand gemacht sind. Letztendlich ist eine gute Handnaht von rechts nicht von einer Maschinennaht zu unterscheiden.


    Also sind Schnitt- und Stoffauswahl viel wichtiger. Und da ist es wirklich gemein, einen Anfänger ins Messer laufen zu lassen. Denn letztlich nehmen sich Kosten und Arbeit, die in ein Phantasy-Kleid oder in ein halbwegs authentisches (nach aktueller Lehrmeinung) gesteckt werden, nicht viel, sofern man von der Recherchearbeit absieht. Nur ist es so, dass mit der Zeit, die man im Hobby verbringt, auch das Wissen und die Ansprüche wachsen und schwups ist das Kleid von damals, das so viel Mühe gemacht hat, gar nicht mehr ok.
    Oder man findet heraus, dass es viel interessantere Zeiten gab als das hohe Mittelalter (der Trend geht eindeutig zur Zweit-, Dritt-, Viertzeit) und fragt sich, kann ich die Kleider ändern, behalte ich sie, man weiß ja nie, oder soll ich sie doch lieber verkaufen?


    Daher ist gar nicht so verkehrt schön einfach anzufangen und sich nichts großartiges zu machen. Erstens kostet es nicht so viel und zweitens ist das einfache Tunikakleid in verdammt vielen Epochen tragbar, sofern es keine zeitlich eingegrenzten Verzierungen aufweist. Und ganz davon ab, wissen wir aus den meisten Epochen gar nicht, wie die Kleider wirklich geschnitten waren. Es gibt Anhaltspunkte wie Metallteile, die eine Funktion hatten oder mit Glück Bildquellen, hin und wieder eine Beschreibung in Textform, bei der der Verfasser aber meistens davon ausgegangen ist, dass die Leser mit dem Kleidungsstück bekannt sind. Ganz selten gibt es Fragmente von Kleidung oder ganze Kleidungsstücke, anhand deren Machart auf den Schnitt der anderen Kleidungsstücke geschlossen wird, die man von Abbildungen her kennt.


    Daher ist das alles eine Interpretation und man muss sich auch ein eigenes Bild davon machen, um die Rekonstruktionen der Archäologen verstehen und annehmen (oder ablehnen) zu können. Das sind auch nur Menschen (und früher vorallem Männer, die sich mit der Herstellung von Kleidung nicht sonderlich gut auskannten). Und noch besser muss man sich auskennen, um sich vor romantisierenden Darstellungen der Vergangenheit zu schützen, wie sie in einschlägigen Blättchen und von vielen Vereinen immernoch beschrieben werden. Vorallem, wenn es um die "Ritter-Knappen-Burgfräulein"-Darstellung geht.


    Ich finde das einfache Kleid von Feahwin sogar ziemlich gut, sofern man von der gefuschten Armkugel absieht. Die verbraucht verglichen mit der Zwickellösung einfach zu viel Stoff. Auch die Stoffauswahl, die gezeigt wird, ist gut, da kannst du dich dran orientieren. Ob du das Oberkleid auch so übernehmen kannst hängt dann aber davon ab, in welcher Zeit du dich bewegen willst.


    Solange du das nicht weißt, bleib bei Karo-Einfach und kauf dich nichts aus Metall ausser einer Ringfibel aus Eisen mit 5 cm Durchmesser, unverdreht und mit flachgehauenen Enden und einer einfachen D-förmigen Gürtelschnalle aus Eisen, um die 4 cm hoch und unverziert oder benutze einen Bindegürtel. Als Mantel wähle den Rechteckmantel, so lang wie du groß bist und so breit wie die Spannweite deiner Arme, gerne aus köperbindiger Wolle mit Fransen. Der wird an einem Ende umgeschlagen, so dass er doppelt auf den Schultern liegt und auf der Brust mit der Fibel gehalten.


    Von dem blau-grünen Kleid würde ich dir hingegen abraten. Das ist allerdings eher Gefühlsmäßig, weil ich eine solche Art von Kleid mit komplett andersfarbiger Mittelbahn nicht kenne und daher nicht weiß, welcher Mode ich das zuordnen sollte.

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  • Nach einer viel zu langen Nacht mit Recherche stehe ich mal wieder kurz vor dem Wahnsinn :irre: .... da hat man seit 2 Jahren einen sauber aufgebauten und gepflegten Ordner mit Links etc. und die gerade eben wirklich benötigten Seiten gibt es nicht mehr, Serverausfall, ... :mauer:


    An einigen Stellen sehe ich (habe ich gesehen) in Artikeln oder Diskussionen Verweise auf oder Ausschnitte von Mittelalterlichen Abbildungen und merke mir dann die Details, ich sollte mir da wohl in Zukunft direkt ein eigenes, kleines Nachschlagewerk anlegen, um in Zukunft nicht nur sagen zu können "ich glaube, ich habe da mal was gesehen", sondern "in der KFB S. 132 ABB IV"



    Komme ich nun zu zwei Punkten bzw. Antworten ...


    Erst im 14. Jh. kommen die von dir angesprochenen engen Kleider auf. Wenn die Unterkleider als Miederkleider angelegt waren, ist eine Brustbinde natürlich unnötig, denn dann ist die BH-Lösung integriert. Genauso ist ein BH unnötig, wenn ein Korsett getragen wird. Bei den weiten Kleidern des frühen und hohen Mittelalters sieht das natürlich ganz anders aus, das Brusttuch als Brustbinde zu interpretieren halte ich für äusserst sinnvoll. Vielen Dank für den Hinweis, darf ich dich um die Quelle bitten?


    Ich habe viele, endlose Diskussionen z. B. bei "tempus vivit" (und ich war schon mal kurz davor DIESE Seite in meinem Router für mich selber zu sperren!!!) gefunden, wo durch aus Leute mit ansonsten recht fundierten Kenntnissen, recht konträre Meinungen vertraten und dies versuchten mit Abbildungen oder Zitaten zu belegen. DAS waren aber fast immer singuläre Nachweise, macht da eine Schwalbe schon einen Sommer :doh:


    Es gibt zahlreiche Abbildungen, Statuen, Texte, ... die Brustwickel im Altertum bis XXXX belegen, genauso wie die Hosen für den Herren. DANN hört es auf, beides :confused: ... wenn wir jetzt mal Verschwörungstheoretiker sind, ob es da einen Zusammenhang gibt :eek: Danach gibt es wohl eine einzige Textstelle, die belegt, dass einem Mädchen / einer jungen Frau zu einem Brustwickel geraten wird, wenn sie denn bei Hofe lebt. Dabei ist es dann allerdings unklar, zumindest von dem Textauszug her, WARUM:


    * sie hatte SO große Brüste und damit u. U. gesundheitliche Probleme


    * sie sollte nicht ZU weiblich aussehen, um weniger als "Beute" aufzufallen


    * es entsprach dem Modegeschmack bei Hofe, dass Frauen eher flach wirkten, trotz oder gerade wegen der eher weiten, fliessenden Gewänder



    Für eine Freundin habe ich gerade zum Thema "Stillkleid" im MA recherchiert und das ist eines der weniger Bereiche, wo man relativ viel Frauendarstellungen mit "pikanten" Details findet. Aber auf KEINER dieser Abbildungen ist irgendwas zusätzliches zu sehen, das auch nur ansatzweise in den Bereich Brustwickel, Brusttuch, BG geht ... NIX. Auch da kann man dann schnell in eine kunsthistorische Diskussion abgleiten, sprich war es im Sinne von "Jungfrau mit Kinde" als christliches Motiv ok, eine Frau zu zeigen, die eine Brust entblößt aus dem Kleid hat und ein Kind stillt etc. ... ABER war es nicht ok, daneben den Leinenwickel zu zeigen? Oder war der gelöst irgendwo in den Tiefen des Kleides verschwunden und man konnte ihn gar nicht sehen????



    Bei der ganzen Suche bin ich auf zwei interessante Seiten zu dem Thema "Tiroler BH" gestossen: Mittelalter BH? und dann die ausführlichere Umsetzung, da ist ein Bildnachweis von 1360 zu sehen. Auch klar, dass deutlich früher QUERnähte tunlichst vermieden wurden (nein, habe keine belastbaren Quellen ;) ) und somit so eine Konstruktion für ein Leibhemd eher unwahrscheinlich war.




    Von dem blau-grünen Kleid würde ich dir hingegen abraten. Das ist allerdings eher Gefühlsmäßig, weil ich eine solche Art von Kleid mit komplett andersfarbiger Mittelbahn nicht kenne und daher nicht weiß, welcher Mode ich das zuordnen sollte.


    Nicht nur Du :o ... also DAS war mein erstes Mittelalterkleid, na gut, das "Unterkleid" mal nicht mitgezählt, damals hatte ich u. a. das Buch von Sarah Thursfield und durchaus einige Seiten, aber die extreme "A"-Diskussion etc. waren noch weit entfernt, und hielt Thursfield für sehr authentisch. Dazu kam, dass die Trägerin sehr spezielle Vorstellungen von ihrem Kleid hatte, die dann eher den typischen Phantasy-(China)-Kleidern entsprachen, klar auch hier wurde "sexy" Stil gemischt mit einer sehr vereinfachten Optik von Mittelalter. Sprich Unter- und Obergewänder wurden einfach in einem "etwas" zusammen gemixt.


    * Der Schnitt des blau-grünen Kleides ist sogar nach meinem heutigen Verständnis recht authentisch in Richtung Surcot, die Farbgebung natürlich nicht ;) Auch die Verwendung von ausschliesslich Kappnähten etc. ist "A", Nähmaschine logischerweise nicht. Die Verteilung der Geren und die Aufteilung der "Mittel"-Geren um den Mittelstreifen unangetastet zu lassen sind AFAIR in Herjolfnes zu finden.


    * Die Länge ist ungeschickt, eigentlich sollte es bodenlang sein, wollte die Trägerin aber nicht


    * Das blau-grüne Kleid sollte ein Obergewand (was dann eigentlich???) sein, ist eigentlich vom Schnitt und Stil her ein Übergewand (Surcot), damit ist Leinen das komplett falsche Material, Wolle oder ggf. Seide, Leinen wohl u. U. als Futter, aber halt nicht als Außenmaterial. Das weiße Leinenkleid darunter ist nach meinem heutigen Verständnis das LEIBhemd und damit das "Untergewand", dazwischen fehlt dann eigentlich eine ordentliche, wollene, Cotte.


    * Das blau-grüne Kleid sollte angenestelte Ärmel bekommen, um - und das ist recht authentisch(!) - je nach Tragesituation unterschiedliche Ärmel verwenden zu können, die Nestellöcher wären Aufgabe der Trägerin gewesen .... somit ist es kurzärmelig, DAS geht gar nicht :weinen:


    * Die Zeit rannte weg, der Markt nahte ... um die Arbeit nicht völlig zu "ruinieren", haben ich mir eine Notlösung einfallen lassen :) ... Ich habe ca. 5cm breiten Streifen an den seitlichen Öffnungen aufgesteppt und in DIESE Metallösen gemacht und dann wurde das Kleid dort mit einer einfachen "Kordel" zusammen geschnürrt. Zum Glück, könnte man diese Streifen einfach wieder abtrennen, SO war eigentlich auch mal der Plan. Denn zu der Zeit, wo man das Kleid vom Schnitt als Surcot ansiedeln könnte, gab es wohl gar keine Schnürung, weder seitlich noch hinten oder gar vorne, einfach weit, sehr weit.



    Unterm Strich hat das Kleid viel Freude bereitet, es war an den Tagen unglaublich heiss (>> 30°) und so trug es sich SO wie es war super angenehm, auf dem Markt (Kramer, Zunft & Kurzweyl) hat es durchaus für Aufsehen gesorgt und das im positiven Sinne und die Trägerin ist bis heute über das Kleid glücklich, so wie es ist. *ICH* würde trotzdem jedem davon abraten das Kleid SO zu nähen, ausser es soll Fantasy werden ;)

  • Lieben Dank für deine Antwort. Schade, dass du die Quelle nicht mehr findest. :(


    Nach einer viel zu langen Nacht mit Recherche stehe ich mal wieder kurz vor dem Wahnsinn :irre: .... da hat man seit 2 Jahren einen sauber aufgebauten und gepflegten Ordner mit Links etc. und die gerade eben wirklich benötigten Seiten gibt es nicht mehr, Serverausfall, ... :mauer:


    An einigen Stellen sehe ich (habe ich gesehen) in Artikeln oder Diskussionen Verweise auf oder Ausschnitte von Mittelalterlichen Abbildungen und merke mir dann die Details, ich sollte mir da wohl in Zukunft direkt ein eigenes, kleines Nachschlagewerk anlegen, um in Zukunft nicht nur sagen zu können "ich glaube, ich habe da mal was gesehen", sondern "in der KFB S. 132 ABB IV"


    Ich habe für meine Quellen zwei Ordner. Einen im Regal mit Kopien aus der Bibliothek und einen in meinem Rechner mit Scans und runtergeladenen Webseiten. Allerdings muss ich gestehen, dass ich die nur gezogen hab, um die auch offline zur Verfügung zu haben...



    Also wenn die Seiten geschlossen sind ohne Schnürung, dann passt das mit dem Surcot-Schnitt schon, da kann ich dir nur zustimmen. Hängt eben nur davon ab, wann und wo. Im 8. Jh. passt das mit der Länge und Form der Ärmel durchaus, es fehlen nur die entsprechenden Applis an Kragen und Saum (s. Stuttgarter Psalter). Im 5./6. Jh. geht das auch schon, wenn die Trägerin aus Byzanz kommt (s. San Vitale, Ravenna).
    Auch im Hochmittelalter gibt es solche Surcots, nur eben in uni und mit kurzen Tütenärmeln und mit sowas wie nem Carmen-Ausschnitt.
    Was mich nur etwas verwirrt ist (neben der Farbstellung) eben die Kombination aus seitlicher Schnürung, bzw. Öffnung, UND Ärmeln. Also ich kenne es nur entweder an der Seite offen - oder mit Ärmeln.



    Die Zeit rannte weg, der Markt nahte ... um die Arbeit nicht völlig zu "ruinieren", haben ich mir eine Notlösung einfallen lassen


    Haha, frag nicht nach Sonnenschein.. Ich glaube, ich habe kein einziges Kleid, bei dem mir nicht etwas einfallen würde, das ich daran noch machen müsste... Impro pur a la: Ich muss heut Nacht noch nähen - morgen fahr ich auf nen Markt und hab nix anzuziehen. Wenn ich Handarbeitszeug einpacke ist das inzwischen weniger die Spindel, sondern eher das zweite Paar Strümpfe, dass ich brauchen werde, das aber ein großes Loch unter der Ferse (Oder an der Hacke, oder unter dem Ballen, etc. - einer hat jetzt eine neue Sohle bekommen, ich kann nicht zwischen drei Stopflöchern noch eine Stopfstelle erschaffen) aufweist und mich damit am Tragen desselben hindert. Was hab ich auch schon auf dem Beifahrersitz gesessen und noch schnell nen Saum fertig gemacht... ohje.

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  • Nach einer viel zu langen Nacht mit Recherche stehe ich mal wieder kurz vor dem Wahnsinn :irre: .... da hat man seit 2 Jahren einen sauber aufgebauten und gepflegten Ordner mit Links etc. und die gerade eben wirklich benötigten Seiten gibt es nicht mehr, Serverausfall, ... :mauer:


    Hast du es schonmal mit der Wayback-Machine von Archive ausprobiert (http://archive.org/web/)? Einfach die gesuchte Webseite eingeben und vllt findet sich eine alte Version der Seite. Dann ist nicht alles verloren.
    Hoffe ich konnte dir helfen.

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